Susa talk:
Zusammenarbeit Trainer und Athlet

Susanne Buckenlei bei der Leistungsdiagnostik

Ihr wollt euer Training professioneller gestalten und Fehler dabei vermeiden? Susanne Buckenlei weiß, auf was man achten sollte und was eine Leistungsdiagnostik dabei bringt.

Im ersten Teil meiner Serie “Susa talk” habe ich vor allem über den Einstieg in die Trainingsplanung – das erste Kennenlernen zwischen Coach und Athlet – geschrieben. Der Trainer kennt nach der Eingangsanamnese die allgemeine Fakten zu einem Sportler, den Tagesablauf, seine Gewohnheiten und seine bisher erreichten Ziele. Der Trainer kann daher eine erste Einschätzung vornehmen, ob Ziele und Möglichkeiten auf dem Papier zusammenpassen. Das reicht aber natürlich noch nicht aus, um mit einem effizienten Training zu starten. Neben der Anamnese ist die messbare Analyse mit ihren verschiedenen Werkzeugen ein wichtiges Handwerkszeug des Trainers.

Ärztlicher Check – nicht nur im Krankheitsfall

Allen Messungen sollte ein Gesundheitscheck des Sportlers durch einen Sportmediziner vorangehen. Neben einer allgemeinen Gesundheitsanamnese sollte zumindest einmal im Jahr eine internistische Untersuchung des Herzens, der Lunge und der inneren Organe stattfinden. Vor Belastungsbeginn sollten orthopädische Vorschädigungen oder Fehlstellungen ausgeschlossen oder entsprechend behandelt werden. Regelmäßig (viertel-/halbjährlich) sollten wichtige Blutparameter auf Mangelerscheinungen überprüft werden.

Folgende Blutwerte sind für Ausdauersportler wichtig:

  • kleines Blutbild
  • Natrium, Kalium, Calcium, Magnesium
  • Harnsäure
  • Harnstoff
  • Kreatinin
  • Cholestrin (HDL/ LDL)
  • Triglyceride
  • Glucose
  • GPT, GOT, GGT
  • AP
  • CK
  • CRP
  • Ferritin – wichtig: immer deutlich ansagen, dass Ferritin (Speicher) und nicht nur Eisen (Blut)-Wert ermittelt werden sollte
  • Gesamteiweiß

Diese Liste ist lediglich als Orientierung gedacht. Natürlich kann es Indikationen für weitere Werte geben. Zum Beispiel deutet eine starke Infektanfälligkeit und ständiges Kranksein gepaart mit reduzierter Leistungsfähigkeit und Trainingsunlust oft auf EBV (Ebstein-Barr-Virus = Pfeiffersches Drüsenfieber) hin.

Leistungsdiagnostik – der Blick in den Athleten

Meine Meinung als Trainerin ist:  Ganz ohne Diagnostik und Bestimmung der Leistungsparameter während der Belastung ist das Coaching eines Sportlers immer etwas schwammig, da das genaue Profil: Stärken, Schwächen Verlauf der Parameter während steigender Belastung nicht bekannt sind. Trainingsbereiche lassen sich nicht nach Formeln, die auf Lebensalter und/oder maximaler Herzfrequenz beruhen, ableiten, denn die bestimmenden Parameter (Laktat, O2, Vo2, ect.) verändern sich weder linear noch exponentiell. Jede Laktatkurve ist individuell und wie ein persönliche Fingerabdruck, der sich nicht berechnen, sondern nur messen lässt.

Was kann die Leistungsdiagnostik und was macht man damit:

  • man bestimmt den IST-Zustand des Athleten
  • man zeigt Stärken & Schwächen im Leistungsprofil auf
  • man bekommt Einblick in den Stoffwechsel des Sportlers
  • es ist ein Werkzeug zur Festlegung der Trainingsbereiche
  • man kann danach die Laktatkurve in Intensitätsbereiche zerlegen
  • man kann den Intensitätsanteile im Trainingsplan festlegen.
Für wen macht die Leistungsdiagnostik Sinn?

Eine Leistungsdiagnostik mach für Jedermann – egal ob Profi oder Amateur – Sinn. Im Profibereich dient sie hauptsächlich als Leistungskontrolle und Steuerungstool für den Feinschliff. Der Einsteiger lernt über sie mehr über seine Leistungsfähigkeit – seine Stärken und  Schwächen und er lernt vor allem auch, das eigene Körpergefühl besser einzuschätzen. Dem Trainer hilft sie bei der Trainingssteuerung unter anderem um häufig bestehende Leistungsplateaus zu verändern, aufzubrechen und neue Reize setzen.

Grundsätzlich dient eine Leistungsdiagnostik zur Bestimmung der leistungspezifischen physiologischen Voraussetzungen des Athletens, ist also einer Status Quo-Erhebung. Im Anschluss können Ziele des Sportlers als realistisch bestätigt oder mit einem kritischen Blick betrachtet und gegebenenfalls angepasst werden. Arbeitet man bereits länger mit einem Sportler, hilft die Leistungsdiagnostik auch bei der Überprüfung der Trainingsziele: Wurden die Teilziele erreicht oder hinkt man im Aufbau der Leistung innerhalb des Saisonaufbaus hinterher?

Je häufiger ein Test durchgeführt wird, desto genauer kann man das absolvierte Training und die Trainingsinhalte kontrollieren, aber auch Fehler/Fehlentwicklungen bzw. falsch dosierte Trainingseinheiten aufdecken. Die Diagnostik an sich ist allerdings noch keine Steuerung des Trainings. An dieser Stelle entscheidet sich, in ob der Diagnostiker die Überleitung zum Training leisten kann. Sprich: Messen und Auswerten ist ein Handwerk, das jeder lernen kann und dank Computerprogramm kann auch eine Auswertung geliefert werden. Um die Daten allerdings anzuwenden, muss sowohl das Thema Stoffwechsel und seine Bedeutung im Sport und Training verstanden werden und Erfahrung im Umgang mit Laktat- und Sauerstoffparametern vorliegen.

Weitere Analysemethoden:
Feldtests als Update und zur Überprüfung: Sehr sinnvoll sind Trainingskontrollen im Feld – sprich, Tests, die im allgemeinen Training auf den Trainingsstrecken durchgeführt werden, um die Laborergebnisse zu überprüfen und um die Dauerleistungfähigkeit zu test.

FTP-Test auf dem Rad: Der 20-minütige Dauertest wird als gängige Methode eingesetzt, um die Leistung eines Athletens „upzudaten“ und zu überprüfen. Voraussetzung ist ein Wattmesser und auch eine gewisse Erfahrung des Athletens, da dieser Test sehr hart ist. Nicht jeder kann ein 20-Minuten-Dauertest fahren. Eine gleichmäßige Leistung zu erbringen, ist schwierig, aber dabei das A und O. Der Test sollte auf einer leicht ansteigender Strecke möglichst ohne Kreuzungen und Ampeln gefahren werden.

Beim Laufen haben Tempotests auf der Bahn zum Beispiel 3.000-, 5.000- und 10.000-Meter-Läufe eine ähnliche Funktion. Allerdings muss man als Trainer gut abwägen, wie häufig man einem Athleten diese mental stark belastende Einheit in den Alltag einbauen lässt. „Leichter verdaulich“ sind meinst kleine Testwettkämpfe, die sicherlich weniger standardisiert werden können, aber dafür für mehr Motivation sorgen. Was die bessere Methode ist, entscheidet das Persönlichkeitsprofil des Athleten.

Beim Schwimmen hat sich – da eine Laktatdiagnostik sehr aufwendig und die Anwendung von Herzfrequenzbereichen im Becken sehr fraglich sind – der 800- oder 1.500-Meter-Test durchgesetzt, um die Tempis für die einzelnen Trainingszonen festzulegen. Allerdings muss auch hier das Profil des Athleten betrachtet werden. Verfügt der Athlet nicht über die Fähigkeit die Körperspannung und Technik über die Dauer des Tests zu halten und das richtige Pacing durchzuführen, ist die Ableitung auf kürzere Intervalle sehr wage.

Videoanalysen als Basis: Da nicht nur die physiologischen Voraussetzungen und Fähigkeiten die Basis hoher Leistung sind, darf die technische Analyse in den Einzeldisziplinen nicht außer Acht gelassen werden. Vor allem im Schwimmen und Laufen spielt die Ausführung der disziplinspezifischen Bewegungstechniken eine große Rolle hinsichtlich der Effizienz, Ökonomie und Effektivität. Im Schwimmen kann durch reines Umfangstraining kaum ein Fortschritt erzielt werden, da die Leistung zum größten Teil von der Wasserlage und den einzelnen Phasen der Schwimmbewegung – vor allem unter Wasser – abhängig ist.

Auch auf dem Rad lohnt es sich die technische Ausführung der Druck- und Zugphase beim Pedalieren vorab durch eine ausführliche Sitzpositions-, Material- und Druckpunktanalyse (richtiger Sattel, richtiger Schuh und Sohle) kontrollieren zu lassen.

Es gibt also eine Menge zu tun, bevor man sich ins Training stürzt. Aber keine Angst, meine aufgelistetesn Punkte sind nur Empfehlungen und Vorschläge das Training professioneller und effektiver zu gestalten und möglichst viele Fehler von Anfang an zu vermeiden. Nichts spricht dagegen, jetzt einfach die Laufschuhe zu schnüren und vor die Tür zu gehen! Und dabei wünsche ich VIEL SPASS!
In diesem Sinne
Eure Susa

 

Susa Buckenlei – Diplomsportwissenschaftlerin und Trainerin. Zusammen mit meinem Kollegen Matthias Frisch betreibe ich seit nun elf Jahren das Professional Endurance Team – ein Institut für Leistungsdiagnostik, Trainingsplanung, Coaching und Events im Ausdauersport.