Sport als Krebstherapie

Das Leben meinte es nicht immer gut mit der 56-jährigen Liss Brüggen. 2011 und 2013 erkrankte die Bayerin an Brustkrebs und musste sich beide Brüste amputieren lassen. Heute ist die Mutter zweier erwachsener Kinder stärker denn je und erzählt, wie der Sport ihr im Leben geholfen hat, Krisen zu überwinden.

 „Der Sport hat mir immer Kraft, Frieden, Freude und Geborgenheit gegeben – er hat meine Existenz gesichert und mich auch durch die Krebserkrankung geführt!“ weiß Liss Brüggen.

Nicht den Mut verlieren

Schon als Kind war ich eine Wasserratte, es war für mich das Paradies, wenn ich Sport machen konnte. Ich empfand Freude, Frieden, Geborgenheit, Kraft und Energie. Als Jugendliche war ich im Schwimmverein, später entdeckte ich Yoga für mich. Die Konzentration auf meinen Atem und die Hingabe, mich auf den Moment und die Übung zu konzentrieren, hat mich in schwierigen Situationen alles vergessen lassen.

Sport, um abzuschalten

Die Läuferin in mir entdeckte ich erst mit 36 Jahren. Ein Bekannter sagte, ich hätte eine Läuferstatur. Da ich für alles offen war, probierte ich es einfach aus und hatte auf Anhieb Spaß dabei. Es stellte sich heraus, dass mir längere Strecken liegen. Auf meinen Läufen durch die Natur konnte ich bestens abschalten – auch als ich mich von meinem Mann trennte und meine beiden Töchter völlig durch den Wind waren. Zu diesem Zeitpunkt ging ich täglich rund zwei Kilometer schwimmen und sieben Kilometer Laufen. 2009 hatte ich das Glück, auf dem Kilimanjaro zu stehen, 2016 nahm ich an der Challenge Roth als Staffelschwimmerin teil. Beides sportliche Momente, die ich nicht mehr missen möchte.

Diagnose Brustkrebs

Mich hat gleich zweimal die Diagnose Brustkrebs eingeholt – 2011 und 2013. Bei der ersten Diagnose habe ich versucht, diese nicht an mich ranzulassen, was natürlich nicht funktioniert hat, weil ich große Angst hatte, meine Brüste zu verlieren und sterben zu müssen. Unzählige Chemotherapie-Behandlungen und bei der zweiten Diagnose die komplette Amputation beider Brüste waren die Folge. Während der ersten Chemotherapie konnte ich keinen Sport mehr machen. Eine wahnsinnige Übelkeit quälte mich. Mein Körper war extrem schwach, ausgelaugt und kraftlos. Nach der Chemo versuchte ich, mit Vitalstoffinfusionen und Spaziergängen wieder fit zu werden und zu regenerieren, um möglichst schnell wieder ins Wasser und in die Laufschuhe zu kommen. Beim zweiten Mal habe ich aktiv agiert, mir einen neuen Badeanzug und Laufschuhe gekauft und den Ärzten gesagt, dass ich nach der OP wieder schwimmen möchte. Nach der beidseitigen Amputation habe ich mich sofort – auch gegen den ärztlichen Rat – wieder körperlich betätigt. Ich wollte sofort in mein „altes“ Leben zurück. Für mich war der Sport das Sinnbild für mein Leben. Sport war als Krebstherapie daher die beste Therapie für mich.

Ich habe mein Leben geändert

Nach der ersten Krebsdiagnose stand die Angst vor dem Tod im Vordergrund. Die zweite Diagnose war wie ein Wink mit dem Zaunpfahl. Ich erkannte, wer ich bin, wie ich leben wollte, was mich antrieb und was mich glücklich machte.
Der Krebs änderte nicht mein Leben, er fordert mich allerdings auf, endlich auf mein Leben zu blicken – zu mir, meinen Wünschen, Träumen und Leidenschaften zu stehen sowie für meine Seelengesundheit selbst zu sorgen. Das brachte manche Entscheidung mit sich, und es erfordert auf jeden Fall den Mut zur eigenen Wertschätzung und den Mut, sich selbst zu lieben. Ich kann allen Frauen nur raten: Übernehmt Eigenverantwortung für Euch. Jede Frau muss ihren eigenen individuellen Weg gehen, und einen Weg mit Garantien gibt es bei Krebs nicht.

 

Text: Liss Brüggen
Foto: Bennie Lindberg

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