Was Frauen beim (Triathlon)Training beachten können

Triathletin Anja Ippach gibt Tipps wie Frauen trainieren sollen

In dieser Serie geht es darum, welche Tipps Frauen wirklich im Sport brauchen und mit welchen Ratschläge sie ihr persönliches Potenzial besser ausschöpfen können. Zwei bekannten Expertinnen aus dem Bereich Triathlon bringen es auf den Punkt.

Seit mittlerweile vier Jahren berichten wir bei tritime women über alles, was uns zum Thema Frauen und Sport ein- und auffällt. Themen wie Hormone, spezielles Training oder ausgewählte Ernährungstipps von Expertinnen gehören schon immer zu unserem Repertoire, da uns bereits mit dem Start der Website klar war, dass Frauen eben keine „ kleineren Männer sind“.

Unser Motto „Von Frauen für Frauen“ geht in die nächste Runde

Mit der aktuellen Serie wird genau dieser Denkansatz weiter untermauert. Wir freuen uns, dass wir mit Triathlon-Profi Anja Ippach, Trainerin und Ex-Triathlonprofi Susa Buckenlei zwei erfahrene Expertinnen an unsere Seite haben, die über Jahrzehnte hinweg Erfahrungen in der Sportwissenschaft und vor allem auch in der Praxis durch eigene sportliche Leistungen und im Coaching von anderen Frauen gesammelt haben.

Was sind die Themen?

In den folgenden Statements bekommt ihr ein Gefühl dafür, welche Themen die Mädels aufgreifen und unter die Lupe nehmen.

Wie Hormone unsere Leistung beeinflussen
„In meiner langjährigen Profi-Karriere (Anmerk. der Redaktion: Anja startet seit 2011 als Profi und begann 1996 mit Triathlon) hatte ich in fast jeder Saison extreme Leistungsschwankungen. Oft konnte ich mir nicht erklären, warum ich bei einem entsprechenden Event nicht meine volle Leistung abrufen konnte. Erst im Nachgang, als ich mich mit dem Thema Zyklus und weibliche Physiologie mehr beschäftigte, wurde mir klar, dass mein Körper und der weibliche Körper im Allgemeinen nicht an jeden Tag gleich funktioniert und es Sinn macht, Wettkämpfe nach meinen hormonellen Status so gut wie möglich zu planen.“ Anja Ippach, Profi-Triathletin 

Technik- und Trainingstipps für alle drei Disziplinen
„Bei vielen Laufanalysen ist mir aufgefallen, dass beispielsweise noch wenig Wissen über den Körperschwerpunkt in der Laufbewegung und die Bedeutung der Arme herrscht. Beides Themen sind wichtige Basics beim Laufen. Viele versuchen flach oder auf dem Vorfuß zu laufen, aber die Grundvoraussetzungen fehlen bei 90 Prozent der Sportler(innen). Zudem ist interessant, wie unser Körperbau alle Disziplinen beeinflusst und wie wir mit diesem Wissen Verletzungen vorbeugen können. Susanne Buckenlei – Ex-Profi-Triathletin, Sportwissenschaftlerin und Trainerin

Welche Ernährung ist sinnvoll?
Ein wichtige Thema ist zudem die Ernährung … leider denken immer noch viele Frauen, dass Kohlenhydrate pauschal dick machen. Die Ernährung ist seit langem ein Steckenpferd von mir und ich werde nicht müde, hier immer wieder Aufklärungsarbeit zu leisten.“
Susanne Buckenlei – Ex-Profi-Triathletin, Sportwissenschaftlerin und Trainerin

Individualität ist Trumpf

Klar ist, jeder Athletin ist anders und deshalb muss der Mensch hinter dem „Athletin“ vor allem auch beim Training immer an aller erste Stelle stehen. Patentrezepte, die für alle gelten, sind immer schwierig, dennoch gibt es viele Tendenzen, die man heute kennt und berücksichtigen kann und eines ist auch klar, man lernt niemals aus. Deswegen wird es immer interessant und spannend bleiben.

Auf den Körper hören, fällt vielen Frauen schwer

Die Erkenntnis unserer zwei Expertinnen lautet: Der geschlechtsspezifische Unterschied wird im Training bis heute häufig leider komplett vernachlässigt. Nicht nur von vielen Trainern, sondern auch von den Athletinnen selbst. Wir Frauen denken oft, dass wir jeden Tag gleich „funktionieren“ oder „funktionieren müssen“. Häufig fehlt uns das Wissen und auch die Verbindung zu unserem Körper und schließlich auch das Selbstvertrauen, auf uns und unsere Bedürfnisse zu hören.

FRAUENCAMPS IM HERBST GEPLANT
Da immer noch viel Unsicherheit bei allen frauenspezifischen
Themen herrscht, planen Anja und Susa im Herbst spezielle
Trainings-Workshops für Frauen. „Unser Ziel ist es damit, Frauen
mehr Freude im Triathlon und im Sport zu bereiten, indem sie lernen, sich besser zu verstehen“, so die einhellige Meinung der beiden.
Weiter Infos zu Camps und Workshops folgen und werden bei uns veröffentlicht.

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Hormone – Fluch und Segen

Der weibliche Zyklus als Schaubild

Hormone steuern nahezu alle Abläufe und Prozesse in unserem Körper. Daher wirken sich natürliche und unnatürliche Schwankungen – durch Einnahme von Hormonen – auch deutlich auf unser mentales und körperliches Befinden aus. Es gibt kaum einen Bereich, der nicht den Veränderungen im Hormonspiegel unterliegt.

Frauen sind durch Menstruation, Prämenopause, Wechseljahre, Schwangerschaften von hormonellen Schwankungen deutlich mehr betroffen als Männer.

Weiter Gründe für Unregelmäßigkeiten im Hormonhaushalt können die Ernährung, Schadstoffe, Stress aber auch körperliche Belastung (Sport) sein. Häufig ist es gar nicht so einfach, die Gründe genau zu lokalisieren.

Gerade Östrogen, Progesteron, Testosteron, Schilddrüsenhormone, Adrenalin, Cortison und Melatonin greifen spürbar in unser tägliches Leben ein und ein Mangel oder eine Überproduktion machen sich schnell negativ bemerkbar.

Eigenschaften bestimmter Hormone und Ihre Bedeutung für die körperliche Leistungsfähigkeit

Östrogen oder Estragen

  • Hauptaufgaben liegen in der Fortpflanzung und Schwangerschaft
  • Beteiligung am Knochenstoffwechsel (Knochenaufbau)
  • Immunabwehr
  • Beeinflussung des Energiestoffwechsels
  • Psychische Stimulation

Progesteron bzw. körpereigenes Gestagen

Progesteron (Gestagen) ist ein Sexualhormon, das vor allem bei der Frau, aber auch Mann gebildet wird. Seine Hauptaufgabe liegt in der Steuerung des weiblichen Zyklus und der Vorbereitung, sowie  Aufrechterhaltung einer Schwangerschaft.

  • Regulierung der Körpertemperatur
  • Unterdrückung von Entzündungsreaktionen
  • Psychisch dämpfende Wirkung
  • Beteiligung beim Knochenstoffwechsel

Testosteron

  • Zunahme von Muskelmasse und Muskelkraft
  • Zunahme der Knochendichte
  • Beeinflussung des Fett- und Kohlenhydratstoffwechsels
  • Psychische Stimulation

Schilddrüsenhormone

  • Hohe Beteiligung an allen Stoffwechselprozessen: Fett- & Kohlenhydratstoffwechsel
  • Knochenstoffwechsel
  • Steuerung der Verdauung
  • Körperwachstum
  • Temperaturregulation, Blutdruck, Herzschlag und damit Sauerstofftransport
  • Beeinflussung der Konzentration & Gedächtnisleistungen

Adrenalin

  • Aktivierung des Körpers
  • Steigerung der Herzfrequenz, Blutdruck, Energiebereitstellung
  • Erweiterungen der Bronchien, Pupillen
  • Steigerung der Leistungsbereitschaft

Cortison

  • Bereitstellung von Energiereserven
  • Abbau von Eiweiß
  • Blutzuckersteigerung
  • Aufgaben in der Herzkreislauffunktion und Wasserhaushalt
  • Unterdrückung von immunologischen und allergischen Prozessen

Melatonin

  • Steuerung des Tag-Nacht-Rhythmus

Luteinisierendes Hormon (LH):

  • Verantwortlich für Reifung und Produktion von Geschlechtszellen bei Frau und Mann. Wir durch den steigenden Östrogenspiegel vermehrt ausgeschüttet

Follikelstimulierende Hormon (FSH):

  • hat die Funktion bei der Frau den Eisprung auszulösen bzw. steuert den Mensturationszyklus

Hormonell bedingte Beschwerden
auf Grund von Hormonschwankungen (Hormonmangel, -u. überschuss):
– Müdigkeit, Leistungsschwäche / Vitalitätsmangel
– Wechseljahre- / Zyklusbeschwerden
– Verdauungsstörungen
– Vergesslichkeit
– Stressintoleranz / Burnout-Syndrom
– Stimmungstief / Depression
– Schlafstörungen
– Stoffwechselstörungen
– Übergewicht / Heißhunger
– Infektanfälligkeit
– Allergien
– Libido Störungen
– Haarverlust
– Osteoporose

SPORT UND ZYKLUS

Sport und weiblicher Zyklus stehen in wechselseitigem und engem Zusammenhang: Sowohl beeinflusst der Zyklus die Qualität bzw. unser Befinden im Sport, als hat auch der Sport einen Einfluss auf den Verlauf des Zyklus.

Die Phasen des weiblichen Zyklus und Besonderheiten für das Training sind die Menstruationsphase, Postmenstruelle Phase 1 & 2  und die Prämenstruelle (Lutealphase)

Der weibliche Zyklus wird bestimmt von einem engen Zusammenhang zwischen Hypothalamus, Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) und Ovarien (Eierstöcke).  Diese Hormondrüsen stehen in direktem Zusammenhang und senden vereinfacht gesagt untereinander Feedback in alle Richtungen. Die Antworten sind hormonelle Reaktionen und so führen sie zu Schwankungen im Hormonhaushalt. Generell gilt: Das Gefüge aus Hormonproduktion, Hormonspiegel und körperlichem Befinden ist sehr sensible und empfindlich.

 

Bestimmende Eigenschaften der weiblichen Sexualhormone u.a. beim Sport

ÖSTROGENE:
Erhöhung der Gerinnungsfähigkeit
Salz- & Wasserretention (Einlagerung)
Stimulation der Knochenneubildung
Wirkung auf den Fettstoffwechsel & die Psyche

PROGESTERON:
Steigerung des Grundumsatzes & Erhöhung der Körpertemperatur
Hyperventilation (gesteigerte Atmung)
Mindern die Insulinsensitivität (die Reaktion des Körpers nach der  Nahrungsaufnahme bezüglich der Ausschüttung von Insulin)
Wirkung auf die Psyche (bis zu Depressionen)

Die Graphik zeigt, welche Hormone in welcher Phase beim weiblichen Zyklus eine Rolle spielen.

Beeinflussung der Leistungsfähigkeit & mögliche Anpassungen im Training

  1. Menstruelle Phase (circa 1. bis 4. Zyklustag)

Vor allem im Ausdauersport führt es in dieser Zeit zu einer Abnahme der Belastbarkeit auf Grund der Anspannung im Bereich der Gebärmutter (Bänder, Sehnen) und dem Niedrigstand der Konzentration der Hormone Östradiol & Progesteron.

Bedeutung für den Sport:
Trotz der orthopädischen Probleme, herrscht jetzt aber ein verbesserter Zugriff auf den Energieträger Glykogen und damit eine verbesserte Energiebereitstellung.  Somit ist jetzt ein guter Zeitpunkt für ruhiges, moderates Ausdauertraining

  1. Postmenstruelle, Phase 1 (cicra 5. bis 9. Zyklustag)

In dieser Phase steigen Östogen- und Ötradiolspiegel an. Der anabole (aufbauende) Effekt der Östrogene steigt somit ebenso an und der Muskelaufbau wird gefördert.

Bedeutung für den Sport:
Ein guter Zeitpunkt für Krafttraining, intensives Krafttraining und Intervalltraining, da nun die Phase der höchstmöglichen Leistung sowohl subjektiv, als auch objektiv ist. Nahezu alle Frauen beschreiben in dieser Phase ihr höchstes Wohlbefinden.

  1. Postmenstruelle, Phase 2 (circa 9. bis 14. Zyklustag)

Nun steigt der Progesteronspiegel an. Sehnen, Bänder lockern sich und damit steigt die Beweglichkeit und Mobilität des Körpers an.

Bedeutung für den Sport:
Zeit für Stretching, Athletik, Yoga, Pilates und Training der Mobilität aller Strukturen. Allerdings fehlt in dieser Zeit die Körperspannung, somit ist es nicht der richtige Moment für Übungen, die Koordination und Konzentration benötigen, da sonst die Verletzungsgefahr steigt. Auch für das Erlernen von Bewegungen ist jetzt ein schlechter Zeitpunkt. Der gleichzeitig einhergehende Temperaturanstieg wird von vielen Frauen als störend empfunden und Kühlung bzw. die richtige Wahl der Bekleidung können eine Rolle spielen.

  1. 3. Prämenstruelle (Luteal) Phase, (circa 15. bis 28. Zyklustag)

In dieser Phase kommt es häufig zum sogenannten PMS – dem Prämenstruellen Syndrom. Frauen klagen über Wassereinlagerungen, Migräne, Rückenschmerzen, sowohl physischen, wie auch psychische Beschwerden, wobei hier sehr deutliche individuelle Unterschiede auftreten.

Bedeutung für den Sport:
Für einige Frauen ist es nur ein leichtes Unwohlsein und beeinflusst die Belastbarkeit kaum, bei anderen Sportlerinnen ist an Training, im klassischen Sinne, nicht zu denken. In sehr schweren Fällen sollte hier individuell auf die Trainingsgestaltung reagiert werden und gegebenen Fall nur leichtes, kompensatorisches Programm durchgeführt werden.

Allerdings gilt es auch als erwiesen, dass Sport das PMS in seiner Ausprägung mildert. Wichtig ist es jetzt keine zu harten Vorgaben zu machen, sondern dem Gefühl der Sportlerin Gehör zu geben.

Wie kann man mit Training, Wettkämpfen und Zyklus umgehen?

Grundsätzlich besteht natürlich immer die Möglichkeit, während der verschiedenen Phasen des Zyklus direkt Einfluss auf die Trainingsgestaltung zu nehmen. Aber im Alltag, der meisten Amateurathletinnen, gilt es bereits sehr viele Zeitfaktoren zu berücksichtigen: Schicht- /Arbeitspläne, Familie, Urlaub und dazu natürlich noch die sportlichen Ziele die, die Trainingsinhalte ja maßgeblich beeinflussen. Die Zyklusphasen hier auch noch mit einzubeziehen, erweist sich in der Realität also meist als sehr schwierig. Auf ein sehr ausgeprägtes PMS sollte aber immer regiert werden.

Im Profisport dagegen, besteht im frühen Aufbau mehr Freiraum und mehr Möglichkeit den weiblichen Zyklus mit einzubeziehen. Sehr viel Sinn macht es in meinen Augen vor allem hinsichtlich der Wettkämpfe, auf den monatlichen Verlauf des Zyklus zu blicken.

Prio A-Rennen sollten, wenn möglich, in den richtigen Zeitraum (Postmenstruelle Phase) gelegt werden, denn nur dann ist die Sportlerin auch am Peak ihrer Leistungsfähigkeit. Trainingsinhalte sind sicher bedingt veränderbar, aber da stehen häufig Trainingsperiodisierung und Trainingsschwerpunkte im Gegensatz zum monatlichen Verlauf des Zyklus. Sprich, nicht immer kann man den Trainingszyklus ganz einfach an den Monatszyklus anpassen, aber man kann zumindest ein Auge darauf haben und damit besser umgehen lernen und das ist bereits die halbe Miete.

Vorschau
Im nächsten Teilen der Serie zu Hormonen geht es darum, mit dem PMS umzugehen und wie man andere Gründe für hormonelle Schwankungen (Schilddrüse, Menopause, Sport) berücksichtigen kann zudem wird es auch um Problemen durch Hormonmängel gehen.

Fragen – immer gerne
Wer Fragen hat, darf die gerne stellen. Einfach eine Mail an maurer@tritime-magazin.de schicken, dann versuchen wir sie gerne zu beantworten.

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Unterschiede bei der Leistungsentwicklung von Frau und Mann

Unterschiede von Frau und Mann in der Trainierbarkeit

Warum gibt es überhaupt Unterschiede in der Leistungsfähigkeit und der Trainierbarkeit von Frauen und Männern und wie lässt sich das erklären?

Kurz ein Wort vorweg. Ab sofort kommen hier auch Gastautoren zu Wort. Der erste Artikel dieser Serie hat viel positive Resonanz erzeugt und auch den Austausch mit anderen Experten und Spezialisten bewirkt. Da wir möglichst viele Aspekte bei diesem Thema berücksichtigen möchten, um viele unterschiedliche Perspektiven zu beleuchten, wird die Expertise von Susa und Anja hier künftig durch das Wissen weiterer Experten unterstützt.

In diesem Artikel hat Gastautor Patrick Pirhala sein Know-how ergänzend in die Waagschale geworfen. Vielen Dank dafür!

Patrick Pirhala kommt aus Kulmbach ist 26 Jahre alt und studiert an der Universität Bayreuth Sport und Englisch auf Lehramt. Seit gut acht Jahren betreut er als Triathlontrainer Sportler/innen darunter auch Jugendliche. Dabei hat er sich von Anfang mit der Frage beschäftigt, was Frauen von Männern sportlich betrachtet unterscheidet und worin die Stärken und Schwächen der jeweiligen Geschlechter liegen könnten. Seit kurzem berät er auch andere Trainer dazu. In seiner Masterarbeit setz er sich zudem wissenschaftlich mit genau dieser Frage auseinander. Er ist der festen Überzeugung, dass Frauen nicht so funktionieren können wie Männer und leider dennoch viele Frauen nach einem „männlich orientierten“ Plan trainieren.

 Stand der Wissenschaft

In der allgemeinen Sportwissenschaft, bei der es bspw. um die Anatomie, die Physiologie und die unterschiedlichen Sportarten geht, beschäftigt man sich schon viele Jahre mit den Unterschieden zwischen Frauen und Männern. In der Trainingswissenschaft hingegen, bei der es um die Entwicklung der Leistung und Betreuung der Sportler(innen) durch gezielte Trainingsmaßnahmen geht, ist vieles bisher lediglich pure Theorie. In der Praxis wird beim Training von Frauen und Männern immer noch häufig kein Unterschied gemacht.

Wann und warum ist es sinnvoll zwischen Männlein und Weiblein zu unterscheiden?

Mit dem Eintritt in die Pubertät wird aus Mädchen allmählich eine junge Frau und Jungs entwickeln sich zu Männern. Es kommt zu enormen Veränderungen im Körper. Spätestens ab der Pubertät  sollte daher strukturiertes Training für Jungen und Mädchen differenziert betrachtet werden. Bezogen auf junge Frauen bedeutet das, dass ab dem Beginn der ersten Menstruation (Menarche) der Zyklus innerhalb des Trainingsprozesses berücksichtigt werden sollte, damit die Gesundheit des endokrinen Systems gewährleistet ist und sich bspw. keine zusätzlichen hormonell bedingten Entzündungsherde bilden, die den Prozess des „Frauwerdens“ beeinflussen. Hierzu muss man wissen: Östrogen ist ein anti-inflammatorisches Hormon. Es wirkt entzündungshemmend. Kann der Körper nicht genügend Östrogen bilden, wird das Immunsystem beeinträchtigt und es kann verstärkt zu Entzündungen kommen. Diese können auch die Fruchtbarkeit der Frau beeinflussen. Patrick Pirhala vertritt daher die Meinung, dass heranwachsende leistungsorientierte Triathletinnen, bei denen der Umfang jährlich ansteigt, einem besonderen Risiko ausgesetzt sind, wenn z.B. ein zu hohe Laufbelastung das Knochenwachstum und die -dichte beeinträchtigt. Östrogen und Progesteron sind beides Hormone, die sich anabol (aufbauend) auf die Knochendichte und das Knochenwachstum auswirken. Durch zu hohen oder falschen Intensitäten während bestimmter Phasen kann dies einen Effekt auf die Hormonbildung haben. Bleibt die Ausschüttung dieser Hormone aus oder ist sie beeinträchtigt, verringert sich die Knochendichte oder die Epiphyse (Wachstumsfuge) schließt sich frühzeitig, was zu Problemen im Erwachsenenalter führen kann.

Auch die Ernährung ist wichtig

Frauen durchlaufen ihren Zyklus etwa 500 Mal im Leben (Schwangerschaften nicht miteinberechnet), bis sie zwischen 45 und 55 Jahren in die Perimenopause eintreten, in der es zu einer regelrechten Hormonachterbahn kommen kann und der Zyklus nicht mehr wie gewohnt abläuft. Diese Schwankungen im Hormonhaushalt haben auch einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Stoffwechsel und die Energiebereitstellung (dazu in einem späteren Artikel mehr). Daraus ergibt sich, dass für Frauen eiweißreichere Ernährung besser ist. Östrogen wird im Allgemeinen wie bereits erwähnt eine anabole (aufbauend) Wirkung zugeschrieben und Progesteron eine katabole (abbauend). Sport besitzt zunächst ebenfalls eine katabole Wirkung. Man belastet sich und es erfolgen entsprechende Anpassungen. Nehmen die katabolen Prozesse bedingt durch Hormone und Sport überhand und man führt nicht genügend Eiweiß zu, kommt es zu einem Verlust der Muskelmasse. Das ist der Grund, warum Frauen generell eine eiweißhaltigere Nahrung zu sich nehmen sollten als Männer. Männer bilden mehr Testosteron, weshalb bei ihnen die katabolen Effekte geringer ausfallen und somit auch weniger Eiweiß zum Muskelwachstum benötigt wird.

Physiologische Unterschiede von Frauen,
die beim Sport eine Rolle spielen:

  1. Frauen besitzen ein anderes Muskelfaserverhältnis.
    Frauen besitzen mehr langsam und oxidative arbeitende Muskeln (slow-twitch fibers). Deshalb liegt auch die Stärke von Frauen eher im Ausdauersport und in besonders langen Belastungen. Männer haben einen höheren Anteil an schnell und glykolytisch arbeitenden Muskeln (fast-twitch fibers). Diese Muskeln benötigen mehr Kohlenhydrate, jedoch ist die Energie schneller verbraucht. Frauen besitzen eine geringer Maximalkraft, können weniger Glykogen speichern und sind deshalb weniger auf ihre Kohlenhydrat-Speicher angewiesen.
  2. Frauen besitzen einen kleineren Muskelquerschnitt.
    Der Querschnitt der Muskulatur ist nur einer von mehreren bestimmenden Faktoren der Kraft. Je geringer der Muskelquerschnitt ist, desto weniger Energie verbraucht der Muskel.
  3. Frauen besitzen ein kleineres Herz und eine kleinere Lunge.
    Durch die kleinere Lunge kann weniger Sauerstoff aufgenommen werden und der kleinere Herzmuskel führt zu einem geringerem Herzminutenvolumen. Somit gelangt weniger Sauerstoff zu den Organen und Muskeln. Frauen besitzen im Schnitt eine 30 Prozent geringer Herzkreislaufleistung, wodurch sich auch ein geringerer Energieumsatz auf Herzkreislauf-Ebene ergibt.
  4. Frauen besitzen weniger Hämoglobin.
    Die geringere Anzahl an roten Blutkörperchen liegt daran, dass die Hämoglobinkonzentration vom Testosterongehalt abhängig ist und somit weniger Sauerstoff im Blut transportiert wird. Insgesamt besitzen Frauen eine geringere absolute VO2max, um circa 15 bis 25 Prozent.
  5. Frauen besitzen einen höheren Fettanteil.
    Frauen sollten mindestens 12 vs. 4 Prozent bei Männern besitzen. Der Mindestfettanteil sollte nicht unterschritten werden, da sonst das Immunsystem stark geschwächt wird. Bei Sportlerinnen, die schnell durch eine Low-Carb oder sogar Keto-Diät Gewicht oder Fett verlieren wollen, kann dies sehr schnell zu einem Abfall des Östrogenspiegels führen, wodurch auch der Zyklus ausbleibt. Generell ist eine Low-Carb-Ernährung oder auch intermediäres Fasten bei sportlich aktiven Frauen weniger sinnvoll als bei Männern.
  6. Kraftentwicklung kommt bei der Frau aus den Hüften.
    Die meisten Frauen besitzen breitere Hüften als Männer. Dadurch ergibt sich ein andere Körperschwerpunkt, weshalb sich auch die Biomechanik und damit die Kraftentwicklungen zwischen Männern und Frauen unterscheidet. Neben diesem Unterschied gibt es noch weitere, wie zum Beispiel, dass Frauen tendenziell längere Beine im Verhältnis zum Oberkörper haben als Männer. Ein wesentlicher Unterschied besonders beim Radfahren ist der Q-Winkel zwischen der Hüfte und dem Kniegelenk. Bei Männern beträgt dieser im Mittel 13° und bei Frauen 18°. Diese Tatsache beeinflusst u.a. die Kraftübertragung beim Radfahren aufs Pedal. Aus diesen Gründen sollten Frauen ihre Stabilitäts- und Kraftübungen auf die Hüftregion fokussieren.
  7. Im Durchschnitt größere Beweglichkeit, dafür weniger Stabilität. Eine große Stärke der Frau ist ihre Beweglichkeit, die besonders beim Schwimmen einen Vorteil bringt. Das liegt zum Teil am Hormon Relaxin (Weichmacherhormon), das besonders während der Schwangerschaft und der Geburt ausgeschüttet wird, um steifere Strukturen „aufzuweichen“. Um den Beginn des Zyklus steigt die Beweglichkeit ein wenig an, was häufig laxere Bänder zur Folge hat, sprich schwächere Bänder und häufigeres Umknicken, verursachen kann.
  8. Der Menstruationszyklus. Frauen und Männer besitzen beide einen hormonellen Zyklus. Allerdings verläuft dieser bei Männern mit deutlich geringeren Schwankungen. Stark vereinfacht ausgedrückt, kann man bei Frauen sagen, dass Östrogen und Progesteron den Zyklus der Frau regeln.

Sportliche Leistungsfähgikeit von Mann und Frau unter der Lupe

Generell weiß man, dass Männer zehn Mal mehr Testosteron pro Tag bilden als Frauen (7mg vs.0,7mg /Tag). Beim primären weiblichen Geschlechtshormon Östrogen muss man zwischen verschiedenen Östrogenen differenzieren. Diese sind unter anderem Estriol, Estron, Estradiol und Estetrol. Das einflußreichste dabei ist Estradiol. Vor der Menopause beträgt die tägliche Produktion zwischen 25–100 μg (zyklusabhängig) und sinkt nach der Menopause auf 5-10 μg. Männer produzieren täglich 2-25 μg Estradiol. Das zweite weibliche Sexualhormon Progesteron unterliegt ebenfalls großen Schwankungen. So liegt der Normwert am Beginn des Zyklus bei unter 1,0 ng/ml Blutserum und steigt auch knapp 3,0 kurz vor dem Eisprung. In der Gelbkörperphase zwischen Eisprung und der nächsten Periode werden Maximalwerte von über 10 ng/ml erreicht. Nach der Menopause sinkt der Wert auf 0,3 ng/ml. Männer hingegen besitzen rund zehn Mal weniger Progesteron mit nur 0,13 – 0,97 ng/ml Blutserum. Progesteron ist zudem ein Östrogenantagonist (Gegenspieler), da es die Bildung von Östrogenen unterdrück. Diese Beziehung aus Agonisten und Antagonisten kennen die meisten vermutlich aus der Anatomie zwischen Bizeps und Trizeps. Dasselbe Prinzip findet sich auch in der Endokrinologie wieder.

Fazit
Zusammengefasst, lässt sich sagen, dass Frauen deutlich ökonomischer „arbeiten“ als Männer, weshalb ihre Stärke auf den längeren Distanzen liegt. Diese Ökonomie des Stoffwechsels begründet sich auf der simplen Tatsache, dass es die Hauptaufgabe des weiblichen Organismus ist, Kinder auf die Welt zu bringen. Konkreter kann man aus diesen Erkenntnissen Gesundheits- und Trainingsempfehlungen ableiten, die wir in einem nächsten Artikeln noch näher beleuchten.

Susa’s ergänzende Erkenntnisse aus der Praxis einer Trainerin

Als Trainerin sehe ich sowohl im Training als auch im Wettkampf, dass Frauen seltener energetische Probleme haben – vorausgesetzt sie verpflegen sich entsprechend. Allerdings neigen sie mehr zu muskulären Schwächen in der Umsetzung von harten Einheiten. Männer dagegen haben gerade im Wettkampf schneller Probleme mit dem Stoffwechsel. Kurz gesagt: Frauen „platzen“ seltener als Männer, haben aber eher Schwierigkeiten mit hohen Intensitäten und wenn es kraftbetont wird. Aber auch hier gilt: Es sind nicht alle Frauen und Männer gleich. Gerade was den Muskeltyp betrifft gibt es enorme Unterschiede. Die hormonellen Grundvoraussetzungen eines Sportlers/Sportlerin haben zudem einen enormen Einfluss auf das „Talent“ und auf die Trainierbarkeit.

Hormone steuern aber nicht nur den Körper, sondern auch den Kopf: die Motivation und auch die gewisse (nicht negative) Grundaggression im Training, die gerade harte Intervalle erleichtern kann. Frauen sind nicht selten eher zurückhalten und gedämpft hinsichtlich harter Einheiten. Dafür unglaublich zäh und „leidensfähig“, wenn es um Umfang und Dauer geht. Nie konnte ein männlicher Sportler bei mir die Stunden trainieren, die meine Profidamen leisten. Frauen verlängern gern die Einheiten, Männer gestalten sie eher intensiver, wenn sie vom Plan abweichen!

Die Übergänge sind fließend

An dieser Stelle scheiden sich schnell die Geister zwischen den allgemeinen Trainingsprinzipien, den wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Erfahrungen, die man als Trainer macht. Hält man als Trainer stur an Konzepten fest, wird der Unterschied zwischen Frau und Mann keine Bedeutung finden. Dabei ist es mehr als auffällig, dass sowohl in den Vorlieben, aber auch in der Umsetzung von Trainingseinheiten ein geschlechterspezifischer Unterschied besteht. Und die körperlichen Unterschiede sind ein nachvollziehbarer Grund, warum Frauen häufig im Bereich der intensiven Intervalle sowohl mentale als auch körperliche Schwierigkeiten haben und es Männern eher schwerfällt die unteren, ruhigen Trainingszonen einzuhalten. An dieser Stelle muss ich allerdings immer wieder betonen: die Grenzen sind fließend – es gibt weder reine „weibliche Vorlieben und Stärken“, noch rein „männliche Schwächen und Stärken“. Ich habe meine beste Erfahrung damit gemacht, auch diesem individuellen Empfinden von bestimmten Trainingsbereichen Gehör zu schenken und nicht stur auf mein Konzept zu beharren. Und dabei hat sich ganz klar herauskristallisiert, dass es einen geschlechtsspezifischen Unterschied gibt, der sich für mich vor allem durch die körperlichen Unterschiede erklärt.  

So sehr ich mich als Trainer dagegen wehre, dass es ein Konzept für alle gibt, so sehr wehre ich mich dagegen, dass alle Frauen und Männer nach einem geschlechtsspezifischen Konzept trainieren sollten, denn am Ende ist es immer eine individuelle Geschichte.

Gespür für den Sportler

Als jahrzehntelange Sportlerin und eben auch fast 20 Jahre als Trainerin, weiß ich, dass Messungen und Fakten immer nur ein Teil der großen Wahrheit sind, denn nichts ist individueller als der Mensch. Ein Beispiel aus dem Coaching: Der/die eine liebt Intervalle, es motiviert sie/ihn, dass er sich tagelang auf eine harte Einheit freut, Adrenalin aufbaut und mit Freude in die Einheit geht. Der/die andere liebt ruhiges Training über Stunden und „hasst“ harte Einheiten, sodass bereits Tage vor den geplanten Intervallen die Stimmung auf dem Tiefpunkt ist. Selbst wenn zwei Athleten/-innen gleich viel Lust auf hartes Training haben, verträgt es der eine gut, der andere wird davon leicht krank. Beachte ich als Trainer diesen Unterschied nicht, werde ich keinen Erfolg haben. Den einen Athleten würde ich ggf. unterfordern, den anderen mental platt machen, wenn ich die Umfänge der Intensitäten nicht individuell dosieren würde. Die beiden Athleten verbindet, dass sie die komplette Bandbreite vom Grundlagen bis zum VO2max- und neuromuskulären Training brauchen, um die höchstmögliche Anpassung zu erreichen, aber es spielen so viele Faktoren (Psyche, Stoffwechseltyp, Hormone, Immunsystem, Biorhythmus…) mit rein, dass die Dosierung immer individuell bleiben wird.

Daher ist es mein Wunsch, mit dieser Serie u.a. Aha-Effekte zu bewirken. Damit Körpersignale selbst besser erkannt werden können – egal ob wir von Hormonen, Übertraining, Mangelzuständen, etc. sprechen.

Vorschau
Im nächsten Teil der Serie beleuchten wir das Thema “Trainingsempfehlungen in Theorie und Praxis”.

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Es gibt kein Trainingskonzept, das für alle Frauen gleich funktioniert

Leistundgsdiagnostik auf dem Laufband
Foto: Luise Köstler

Wie zu Beginn der Serie angekündigt, sollen nicht nur die körperlichen Unterschiede zwischen Frauen und Männer im Sport erläutert werden, es soll vor allem auch darum gehen, wie Frauen Ihr Training unter Berücksichtigung des Zyklus optimieren können.

In diesem Teil wird Trainerin Susanne Buckenlei aus ihrem Erfahrungsschatz berichten. Im nächsten Artikel der Serie geht Coach Patrick Pirhala konkret auf wissenschaftliche Erkenntnisse bezüglich Training und Zyklus ein und gibt konkrete Tipps.

Randbemerkung
Aktuell scheint das Thema “Frauen, Hormone und Sport” sehr im Trend zu liegen. Von allen Seiten wird die Notwendigkeit der Rücksichtnahme auf frauenspezifische Themen „angepriesen“. Auch sprechen immer mehr (Profi)-Sportlerinnen offen über das Thema Zyklus, was gut ist. Vor fünf bis zehn Jahren war das kaum der Fall. Klar ist, damals wie heute hat der Zyklus definitiv Einfluss auf die Qualität des Trainings und auf die Leistung am Wettkampftag und um so mehr Gedanken wir uns alle dazu machen, um so besser ist es.

Reger Austausch
Als Trainerin steht ich hinter dem Ansatz, diesem Thema eine größere Bedeutung in der Trainingssteuerung und Wettkampfplanung zu geben. Die Resonanz auf die beiden ersten Artikel der Serie war groß. Seither ist ein reger Austausch über sportwissenschaftliche Themen mit Coach Patrick Pirhala entstanden, der dieses Thema aktuellen beruflich detailliert unter die Lupe nimmt.

Theorie versus Praxis
Patrick ist selbst Trainer und daher auch mit der Trainingspraxis gut vertraut, aber gerade beim zyklusgesteuerten Training würde ich ihn auch als Experte in der Theorie bezeichnen. Dennoch muss ich nach 17 Jahren im Coaching immer wieder betonen, dass die Theorie, meiner Meinung nach in der Praxis immer wieder an Grenzen stößt. Wir haben daher einen sehr dynamischen Austausch und ich hoffe, dass am Ende sowohl Athletinnen als auch Trainer für sich eine wertvolle Essenz für ihr eigenes Training und Coaching aus unseren Beiträgen filtern können.

Die Trainingssteuerung auf den Zyklus aufzubauen, klingt in der Theorie zwar logisch und umsetzbar, in der Praxis ergeben sich allerdings einige Schwierigkeit. An dieser Stelle sollte in meinen Augen jeder Athlet und Trainer selbst entscheiden, welche, auf die Struktur des Trainings einflussnehmenden Faktoren, am meisten beachtet werden sollten.

Grundsätzlich bin ich kein Freund von fixen Trainingskonzepten, die auf alle Athleten gleichermaßen angewandt werden können.

Warum?

Ich vergleiche das Schreiben eines Trainingsplanes gern mit dem Malen eines Bildes. Es gibt den Maler (Trainer), das Bild (Plan) und den Betrachter (Sportler).

  • Jeder Maler hat seine Handschrift und seinen Stil. Darin ist er gut. Übernimmt er die Richtung eines anderen Malers wird er nie so gut sein, wie mit seinem eigenen Konzept.
  • Ein guter Künstler beherrscht die Grundlagen seines Handwerks und kann Techniken, die nicht zwingend zu seinem Stil gehören, dennoch anwenden und ist fähig, alles an der richtigen Stelle zu platzieren.
  • Kunst ist vielfältig. Die unterschiedlichsten Kunstwerke können alle eines gemeinsam haben, hochwertig zu sein. Und gleichzeitig kann dieses Werk für ein andere Person überhaupt nicht funktionieren.
  • Jedes Bild kann begeistern und gleichzeitig für eine andere Person/ Sportler nicht in Frage kommen.
  • Am Ende liegt es im Auge des Betrachters: wie die Farben gesehen werden oder welche Details beim Betrachter ankommen. Geschmack und Vorlieben sind individuell und entscheiden über den Wert eines Bildes. Ein rot-grün-blinder Mensch sieht das Bild grundsätzlich anders. Sprich, auch körperliche Gegebenheiten beeinflussen die Wirkung und den Wert eines Bildes.

Was ich damit sagen möchte: ein Trainer hat sein Konzept. Es gehört aber zum Handwerk, sich auf äußere Gegebenheiten und auf unterschiedliche Athleten einzustellen und sein Konzept entsprechend anzupassen.

Die Kunst ist es, die eigene Handschrift nie zu verlieren und dennoch:

  • das eigene Konzept individuell anpassen zu können
  • zu erkennen, welche Inhalte für wen zum Erfolg führen
  • nicht von sich selbst oder anderen erfolgreichen Kunden auf andere Athleten zu schließen.
  • trotz 1000er-Meßdaten, anderen Messgrößen und Aufzeichnungen das Gespür für das Befinden und die Entwicklung des/der Sportler(innen) nie zu verlieren.

Planen von Trainingsplänen

Genau deswegen kann es für mich grundsätzlich nicht EIN Konzept geben, dass für alle Frauen passt. Grundsätzlich sollte alle Frauen allerdings mehr Rücksicht beim Sport auf die körpereigenen Bedürfnisse nehmen, die der monatliche Zyklus mit sich bringt. Immer unter Berücksichtigung sportwissenschaftlicher Fakten und Regeln. Aber eben nie, ohne genau hinzuschauen und hinzuhören.

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Welches Training ist in welcher Zyklusphase sinnvoll

Foto: Clemens Coenen

In diesem Beitrag kommt Triathloncoach Patrick Pirhala zu Wort. Er liefert konkreten Input und Trainingstipps für die verschiedenen Zyklusphasen.

Im ersten Artikel wurden bereits die einzelnen Phasen des Zykluses und dessen Einfluss auf die sportliche Leistungsfähigkeit erklärt. Im Folgenden werden spezifische Empfehlungen für das Triathlontraining gegeben. Anzumerken ist, dass der Übergang zwischen den einzelnen Phasen als fließend anzusehen ist, da die hormonellen Effekte nicht vom einem Tag auf den anderen auftreten und wieder verschwinden und jede Athletin auf Trainingsreize unterschiedlich reagieren kann.

Menstruelle Phase (circa 1. bis 4. Zyklustag)
Sieht man sich die Studienergebnisse zur maximalen Leistungsfähigkeit während des Zykluses an, sind sich Wissenschaftler einig, dass die Leistungsfähigkeit während der Menstruation gegeben ist. Allerdings gilt das nicht für alle Frauen gleich. Besonders nicht für diejenigen, die an starken Menstruationskrämpfen oder starkem Ausfluss leiden.

Aus physiologischer Sicht sind Frauen in der niedrigen Hormonphase in Bezug auf Östrogen und Progesteron Männern am ähnlichsten und können in dieser Zeit ohne Probleme auf das gespeicherte Glykogen in den Muskeln zurückgreifen. Solltet ihr euch während der Periode nicht komplett leistungsfähig fühlen, plant einen Regenerationstag oder eine Einheiten mit geringem Umfang und Intensität ein. Treten keine Beschwerden auf, spricht nichts dagegen, hochintensive Einheiten durchzuführen, um zum Beispiel die VO2max und die anaerobe Leistungsfähigkeit zu trainieren.

Allerdings gilt immer, dass nach diesen intensiven Belastungen der Körper auch genügend Zeit braucht, um sich zu erholen. Deshalb sollten in der Regel etwa 48 Stunden zwischen solchen Einheiten liegen.

Intensität und Kraft in der ersten Zyklushälfte
Zudem sollten intensive Krafttrainingsschwerpunkte, wie Maximalkrafttraining oder Hyperthrophietraining in der ersten Hälfte des Zykluses durchgeführt werden, da hier Progesteron seine katabole (abbauende) Wirkung nicht entfaltet.

Schnelligkeits-, Sprint- und Reaktivtraining sollten während der Menstrualenphase vermieden werden, weil die neuromuskuläre Koordination beeinträchtigt ist. Es kommt zu verzögerten Reaktionszeiten, die allgemeine Geschicklichkeit ist etwas beeinträchtigt, ebenso die Präzision. Daher gilt, dass der Hauptteil des Trainings mit einem Aufwärmprogramm vorbereitet werden sollte, um mögliche Verletzungen zu vermeiden. Da gegen Ende des Zykluses der Körper etwas „laxer“ ist und es ihm noch etwas an Stabilität fehlt, sollte dies zudem berücksichtigt werden.

Post-Menstruelle Phase und Ovulation (ca. 5. Bis 14 Zyklustag)
Nun sollte der Körper seine volle Leistungsfähigkeit besitzen. Es ist eine guter Zeitpunkt für die Entwicklung der Maximalkraft und um hochintensives Intervalltraining umzusetzen. Auch komplexere Trainingsformen zur Schulung der Senso- und Psychomotorik sowie Schnelligkeitstraining im anaeroben alaktaziden (ohne Laktatbildung) Stoffwechselbereich mit einer Belastungszeit von maximal 6 bis 8 Sekunden sind jetzt empfehlenswert. In dieser Phase kann man überlegen, ein Blocktraining durchzuführen und mehrere hochintensive Trainingstage hintereinander zu setzen. Allerdings sollte die Umfänge in einer solchen Blockwoche sehr gering sein. Im Anschluss,  in der zweiten Hälfte des Zyklus, sollte dann eher mit weniger Intensität und umfangsorientiert trainiert werden.

Kurz vor dem Eisprung, etwa zur Hälfte des Zyklus, steigt langsam der Progesteronspiegel an, dabei steigt auch die basale Körpertemperatur um etwa 0,3°C. Zudem steigt blitzartig der Östrogenspiegel an. Diese Phase ist äußerst individuell. Einige Frauen fühlen sich entweder matt und geschwächt und sollten besser den Zeitpunkt um die Ovulation zur Erholung nutzen. Andere wiederum fühlen sich äußerst leistungsfähig und können intensiv trainieren. Es gibt Hinweise darauf, dass ein mattes und energieloses Gefühl während der Ovulation auf ein Missverhältnis zwischen den Hormonen hindeutet. Meist ist es ein Östrogenüberschuss im Verhältnis zu Progesteron und die Lutealphase (nach dem Einsprung bis zur Blutung) ist etwas verkürzt. In der Regel treten dann auch verstärkt PMS-Symptome ( Prämenstruelles Syndrom) auf.

Tipp: Um dem entgegen zu wirken, kann es helfen Anti-Oxidantien wie Ingwer, Kurkuma oder andere Gewürze beim Kochen zu verwenden. Dies bewirkt einen mindernden Effekt an den Rezeptoren, die Östrogensensitiv reagieren.

Post-Menstruelle Phase und Ovulation (ca. 14. Bis 28 Zyklustag)
Nach der Ovulation fällt der Östrogenspiegel genauso schnell, wie er zuvor gestiegen ist. Allerdings steigt er mit der Zeit wieder. Östrogen und Progesteron erreichen in der zweiten Hälfte des Zykluses ihren Höchststand, wobei der Progesteronspiegel deutlich höher ist als der des Östrogens. Deshalb spricht man auch generell in dieser Phase von katabolen (abbauenden) Effekten der Hormone.

Welche Effekte haben Östrogen und Progesteron
auf den Energiestoffwechsel?
Progesteron verzögert den Transpirationseffekt, erhöht die Körperkerntemperatur, der Natriumverbrauch steigt an und es werden vermehrt Proteinstrukturen zur Energiebereitstellung genutzt. Östrogen hemmt anabole (aufbauende) Prozesse im Muskelwachstum, es unterstützt das Knochenwachstum, hemmt die Glykolyse und verbessert die Fettoxidation bei niedrigen Intensitäten. Da beide Hormone gleichzeitig ansteigen, kommt es zusätzlich zu einer Verschiebung und Einlagerung von Körperflüssigkeit in den Zellen. Dabei kann sich das Blutplasmavolumen um bis zu 8 Prozent verringern, es kommt zu einer erhöhten Herzfrequenz, der Blutdruck steigt und die Herzkreislaufleistung nimmt ab, wodurch auch die Ermüdung des zentralen Nervensystems (ZNS) zunimmt.

Bedingt durch diese hormonellen Effekte sollte auf intensives Krafttraining bei Ausdauersportlern eher verzichtet werden und auf erhaltende Maßnahmen wie Stabilisationstraining gesetzt werden. Hochintensives Training sollte wohl dosiert eingesetzt werden, eventuell einmal pro Woche und eher kürzere Intervalle beinhalten, die im Bereich von einer Minute liegen, da diese das Immunsystem weniger belasten.

Es bietet sich in dieser Phase ganz besonders an, den Umfang des Trainings im niedrigen Intensitätsbereich zu erhöhen und den Schwerpunkt auf die Entwicklung des aeroben Stoffwechsels zu legen. Durch den Anstieg von Östrogen kommt es zur Hemmung der Glykolyse. Dieser Effekt ist am größten während der Ruhephase, weil sich der Körper auf eine etwaige Schwangerschaft vorbereitet und in den Energiesparmodus fällt.

Der Effekt der Glykogeneinsparung ist laut Studienlage bis zu einer Leistung von etwa 60 bis 70 Prozent der VO2max signifikant. Es ist vermutlich der individuelle Bereich, in dem sich auch die maximale Fettoxidationsrate befindet. Steigt die Belastungsintensität über diese individuelle kritische Schwelle, ist bekannt, dass der Körper auf immer mehr Kohlenhydrate zurückgreift, um die Leistung aufrecht erhalten zu können. Ab diesem Intensitätsbereich ist auch der Einfluss der Hormone nicht mehr ausschlaggebend und die Flussrate der Glykolyse steigt, je nach Intensität, entsprechend an.

Erhöhter Kohlenhydratbedarf
Es macht in dieser Phase wenig Sinn die Fettoxidation durch spezielle Trainingsmethoden, wie z.B. Training mit geleerten Kohlenhydratspeichern oder dem Start-Espresso noch weiter anzukurbeln, da der Körper jetzt per se schon Kohlenhydrate einspart und auf Fette und Eiweiße als Energieträger zurückgreift. Werden vor oder während des Trainings aber Kohlenhydrate zugeführt, ist die Verfügbarkeit von Kohlenhydraten nicht mehr signifikant eingeschränkt – keine Sorge, das sogenannte Fettstoffwechsel funktioniert trotzdem.

Prämenstruelles Syndrom
Gegen Ende der Post-Menstruellen Phase kann es zum Prämenstruellen Syndrom (PMS) kommen. Dies ist ebenfalls wieder eine Phase, die sehr individuell ablaufen kann. Manche Frauen haben keine Beschwerden, was auf ein entsprechendes Östrogen-Progesteron Verhältnis schließen lässt. Andere berichten über extreme Rückenschmerzen, Kopfschmerzen und Krämpfe oder Beckenverschiebungen. Der Körper schüttet in dieser Phase vermehrt Relaxin aus, was dazu führt, dass die passiven Strukturen wie Bänder und Sehnen weicher werden.

Studien, die die Laufökonomie während des Zyklus untersucht haben, zeigen, dass sich die Laufeffizienz etwas verschlechtert, was auf die fehlende Steifigkeit im Körper zurückzuführen ist. Aus diesem Grund wäre dies auch der falsche Zeitpunkt, um vermehrt intensive Laufintervalle zu trainieren. Auf Schnelligkeits- und Reaktivtraining sollte eher verzichtet werden.

Generell kann daher für die zweite Hälfte des Zyklus festgehalten werden, dass niedrigintensive Trainingsbelastungen mit gesteigertem Umfang bis hin zu Sweetspot Intervallen* und K3-Training (Kraft am Berg) zu empfehlen sind. Außerdem sollte der Fokus auf Technik, funktionelle Mobilität und Stabilität gelegt werden. Ab und an können kurze intensive Intervalle eingestreut werden, um die VO2max zu erhalten. Die Trainingseinheiten in dieser Phase sollten verstärkt vor- und nachbereitet werden, um Verletzungen zu vermeiden, da der Körper sich eigentlich im Energiesparmodus befindet.

*Sweetspot ist ein eine Trainingsform, die knapp unter der FTP Schwelle liegt (88-93%). Es ist psychisch und physisch sehr belastend, daher sollten die Intervalle langsam aufgebaut werden. Gängig sind 10 bis maximal 60 Minuten.

Gerade wenn die Gesamtbelastung im Alltag sehr hoch ist muss man damit sehr vorsichtig umgehen, aber gerade für Triathleten ist es ein sehr effektives (Dauer)Training.

Ernährung bei PMS
Athletinnen, die an PMS leiden ist zu empfehlen, Nahrungsmittel mit einem hohen Stickstoffgehalt wie Rüben, Granatäpfel, Wassermelonen oder Spinat zu essen, da diese Kopfschmerzen lindern. Darüber hinaus ist zu empfehlen vermehrt auf Nahrungsmittel mit viel Natrium, Eisen, Magnesium, Zink und Omega-3 -ettsäuren zurückzugreifen, um Entzündungen einzudämmen, den Elektrolythaushalt zu unterstützen und dem erhöhten Ermüdungsgrad des ZNS entgegenzuwirken.

Außerdem erhöht sich der Energieumsatz in den Tagen vor der Periode um etwa 5 bis 10 Prozent, was etwa 100 bis 200 kcal entspricht. Das erklärt auch den ein oder andere süße Snack, den man sich in dieser Phase gerne gönnt.

Fazit
Diese Empfehlungen lassen sich sicherlich auf Grund von Wettkampfterminen, spezifischer Wettkampfvorbereitung sowie privaten und beruflichen Verpflichtungen nicht die gesamte Saison über berücksichtigen. Im Winter, wenn noch keine Wettkämpfe anstehen und an den Grundlagen gearbeitet wird, sollte es eher möglich sein.

Und man sollte immer bedenken, was Susa im vorherigen Teil geschrieben hat: Es gibt nicht das eine Trainingskonzept, das für alle Athleten funktioniert, egal ob Mann oder Frau und jede Theorie kann in der Praxis an Grenzen stossen.

Die Tipps von Patrick zu berücksichtigen und auf seinen Körper zu hören, kann dabei helfen, das Training effektiver zu gestalten, sodass der Zyklus durch Sport nicht ausbleibt, Verletzungen oder Krankheiten auftreten und der Wunsch Kinder zu kriegen, nicht erst durch einen möglichen Trainingsstop in Erfüllung geht.

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Profi-Triathletin Anja Ippach beim Laufen

Umgang mit dem Prämenstruellen Syndrom (PMS) im (Leistungs)Sport

Susanne Buckenlei und Anja Ippach erzählen und geben Tipps, wie sie im Profisport und als Trainierinnen mit PMS und den hormonellen Veränderungen kurz vor der Periode umgehen.

Einmal im Monat plagt viele Frauen das sogenannte „PMS“ – das Prämenstruelle Syndrom. Gemeint sind damit Beschwerden, die mit dem weiblichen Zyklus einhergehen und sich kurz vor dem Einsetzen der Regelblutung bemerkbar machen.

Die Ursachen dafür sind trotz jahrelangen Untersuchungen noch nicht vollständig geklärt. Selbst bei nahezu gleicher „hormoneller Situation“ können Frauen unterschiedlich Beschwerden haben. Hormon- und Nervensystem sowie Psyche gelten beispielsweise als Ursache. Natürlich liegt es nahe, dass die Veränderungen der Hormone – vor allem der Geschlechtshormone – im Verlauf des Zyklus eine wichtige Rolle spielen. Als sicher gilt zudem, dass das individuelle Verhalten hinsichtlich Ernährung und Bewegung der Frauen darüber entscheiden, wie stark die Beschwerden ausfallen.  

Typische PMS-Beschwerden sind unter anderem:

  • Beeinträchtigung des Verdauungssystems: Bauchschmerzen, Völlegefühl, Blähungen, Verstopfung
  • Störungen im Essverhalten: Heißhunger, aber auch Appetitlosigkeit
  • Beschwerden des allgemeinen Befindens: Kopfschmerzen, Migräne
  • Schmerzen im Bewegungsapparat: vor allem im unteren Rücken und im Bereich der Lendenwirbelsäule
  • Blockaden der Wirbelsäule durch statische Verschiebungen auf Grund von Verkrampfungen des Beckenbodens
  • Spannen in der Brust, gesteigerte Berührungsempfindlichkeit
  • Hautunreinheiten bis hin zu Akne
  • Wassereinlagerungen und Ödeme

Bei Sportlerinnen greifen die Beschwerden häufig in den Trainings- und Wettkampfalltag ein, da sowohl Befinden als auch die Leistungsfähigkeit beeinträchtig sein können. Als Trainerin erlebt Susa Buckenlei, dass Training in der Zeit vor dem Zyklus häufiger abgebrochen oder geschoben werden. Es sind aber meist die gleichen Sportlerinnen, die diese massiven Probleme haben, die eine Berücksichtigung im Training notwendig machen.

Rund um den Wettkampf betrifft es allerdings einen deutlich größeren Anteil Frauen, was sicher der gesteigerten Sensibilität und dem höheren Anspruch an das körperliche Befinden zuzuordnen ist. Als ich selbst noch aktive Sportlerin war erklärt Susa, habe ich kaum Änderungen im Training auf Grund des monatlichen Zyklus vorgenommen, aber sobald Wettkampftermine bekannt waren, habe ich sofort das rechnen begonnen. In welche Zeit des Zyklus fällt der Wettkampf – passt das wirklich?

Susa’s Erfahrungen

Gerade die Wassereinlagerungen haben mein körperliches Wohlbefinden deutlich heruntergeschraubt und die Tage vor dem Rennen negativ beeinflusst. Auch psychisch war ich deutlich weniger stabil, als im ersten Teil des monatlichen Zyklus. Diesen Unterschied erkenne ich heute auch bei meinen Sportlerinnen.

Im Nachhinein betrachtet, hätten einige Wettkämpfe sicher aus dem Rennkalender gestrichen werden müssen, aber soweit wäre ich damals noch nicht gegangen. Es gehen ein bis zwei DNFs bei großen Rennen tatsächlich auf das Konto der Probleme, die durch das PMS entstanden sind. In meinem Fall waren es meist starke Probleme im unteren Rücken, da das Becken durch die Anspannung der Bänder im Beckenboden eine deutliche Schiefstellung bekam, die bei mir bis hin zu muskulären Problemen in den Beinen führen konnte.

Eine Radvermessung zu meiner Sitzposition bei Fritz Buchstaller hat mir erst letztes Jahr die Augen so richtig geöffnet, wie weit die Probleme in der Zeit des PMS wirklich gehen können. Am Tag der Vermessung, war mein Becken ungewöhnlich verdreht, und meine Körperstatik verändert. Nachdem es genau der Tag vor dem Zyklus war und ich auch die üblichen Beschwerden hatte, haben wir den Termin abgebrochen. Fünf Tagen später bei neuen Messungen war sowohl mein Becken als auch die Körperstatik wieder normal. Man sollte daher, bei starker Ausprägung des PMS in dieser Zeit keine Sitzpositionsanalysen auf dem Fahrrad und meiner Meinung nach auch keine Messungen zur Anfertigung von Einlagen oder ähnliche Analysen durchführen.

In einem weiteren Teil der Serie wird hierzu meine Osteopath Frank Lauer (BINETIQ) einen tieferen Einblick in dieses Thema geben. 

Profi-Triathletin Anja Ippach beim Dehnen

Erfahrungen von Profi-Triathletin Anja Ippach

Ich habe die Erfahrung in meinem Bekanntenkreis gemacht, dass Sport und damit meine ich explizit nicht den Leistungssport, sondern einfach eine lockere aerobe Bewegung im sogenannten Wohlfühltempo generell hilft, die Beschwerden wie Unterleibsschmerzen, Abgeschlagenheit, Ödeme, Depressionen, Überempfindlichkeit während der PMS zu lindern.

Ganz anders ist es im Leistungssport oder wenn ein Wettkampf in die PMS-Phase fällt. Auch als Profi ist es mir bereits häufig passiert, dass ich Wettkämpfe nach anderen Argumenten und nicht nach meinen Hormonen ausgewählt habe oder auswählen musste. Mit meinem Wissen und Erfahrungen heute, würde ich das anders machen – wobei die Ironman Weltmeisterschaft auf Hawaii würde ich auch heute nicht auslassen, nur weil sie in einer hormonell ungünstigen Phase für mich liegt.

Während der PMS hatte ich vor allem Probleme mit Wassereinlagerung, Müdigkeit, einem harten Unterbauch sowie Verdauungsbeschwerden und vor allem Blähungen. Dass sich diese drei Dinge natürlich auch auf die Psyche und mentale Verfassung auswirken, ist eigentlich logisch.

Wassereinlagerung: Keine Frau tut sich leicht mit einer Gewichtszunahme. Auch wenn es nur ein bis zwei Kilos sind, ist das am Wettkampftag schon schwierig. Ich fühlte mich in dieser Phase immer sehr unwohl in meiner Haut. Besonders schwierig war es auch, wenn die PMS in eine Taperingphase kurz vor dem Wettkampf fiel. Denn auch in der Taperingphase kommt es durch geringeres Training und Carboloading zu einer Gewichtszunahme und Wassereinlagerung durch Bindung von Kohlenhydraten und Proteinen. So wurden aus ein oder zwei Kilogramm, schnell drei oder vier. Es kamen natürlich dann immer schnell Zweifel hinsichtlich meiner Leistungsfähigkeit auf, da man grundsätzlich mit einem möglichst guten oder geringen Wettkampfgewicht an den Start gehen möchte. Ich habe häufig den Fehler gemacht, und in dieser Phase eindeutig zu wenig gegessen, sodass ich mit zu wenig Kohlenhydraten an den Start ging. Recht viel „leichter“ habe ich mich dadurch allerdings auch nicht gefühlt. Warme oder gar heiße Temperaturen haben diesen Effekt zumindest gefühlsmäßig noch negativ verstärkt. Somit habe ich in dieser Phase auch noch dazu geneigt, zu weniger zu trinken, obwohl genau das Gegenteil in dieser Phase wichtig ist.

Psychisch down: Durch die genannten Umstände litt auch meine mentale Verfassung. Vor einem Wettkampf hatte ich häufig Selbstzweifel und ich hätte mich lieber zu Hause verkrochen, als mich in einen engen Wettkampfanzug zu zwängen und mich vor großem Publikum zu präsentieren oder mit austrainierten Konkurrentinnen zu messen.

Mit Basenbädern und viel Schwimmen  – das Wasser wirkt wie eine Lymphdrainage und  Meereswasser ist noch besser –  habe ich versucht, den Wassereinlagerungen ein wenig entgegen zu wirken. Zudem habe ich hautsächlich puren Reis gegessen. Reis entwässert ein wenig und ist eine gute Kohlenhydratquelle vor dem Rennen.

Durch das geringe Training in der Taperingphase fährt auch der Stoffwechsel ein wenig runter und man fühlt sich generell etwas schlapper. Meistens schläft man in dieser Phase zudem mehr, was einen zwar für den Wettkampftag guttut, aber die Tage zuvor gepaart mit der Müdigkeit der PMS, die noch hinzukommen kann, verunsichern extrem. 

Hier empfehle ich, das Training eher doch ein wenig mehr hochzufahren als sonst vielleicht üblich. Ich habe mich mit etwas mehr aeroben Training und weniger intensivem Training wohler gefühlt. 

Um sich etwas wacher zu fühlen, kann ich empfehlen, in dieser Phase grünen Tee  – geht auch kalt und schmeckt mit Zitrone oder Limette auch an heißen Tagen lecker – oder auch Kaffee/Espresso zu trinken. Das Teein und Koffein hält den Körper und den Stoffwechsel ein wenig auf Trapp. Koffein nach dem Training erhöht zudem die Aufnahme der Kohlenhydrate, was in dieser Phase super ist.

Viele Frauen klagen über Unterleibskrämpfe: Ich hatte zwar keine Krämpfe, aber mein Unterbauch war dick und sehr fest. Häufig hatte ich Verdauungsprobleme wie Durchfall und Blähungen kurz vor meiner Periode. Ich habe meinen Unterbauch dann häufig fest massiert und mit einer Wärmflasche versucht, die Muskulatur ein bisschen weich zu machen. Es eignet sich auch die Zufuhr von Magnesium, wenn man es verträgt oder einfach auf den Unterbauch mit einem flüssigen Magnesium Öl oder gelöstes Magnesium auftragen.

Ernährungstechnisch habe ich in dieser Zeit nichts gegessen, was bläht und Rohkost, was ich sonst sehr gerne esse, komplett weggelassen. Gemüse habe ich nur gegart gegessen.

Ich habe vor einiger Zeit gelesen, dass Aminosäuren wie BCAA-Präparate und insbesondere Leucin in dieser Phase helfen sollen, habe es selbst allerdings noch nicht probiert.

Generell hatte ich schon das Gefühl, dass ich während der PMS weniger leistungsfähig war. Ich hatte das Gefühl, dass ich schneller übersäuerte. Meine Beine fühlten sich häufig wie aufgeblasen an und ich hatte beim Radfahren oft keinen Druck. Ich würde sagen, dass ich weniger Kraft hatte und auch meine aerobe Leistung ein wenig schwächer war als sonst. 

Dass der harte Unterbauch sich auch mechanisch auswirkte, hat sich in kinesiologischen Tests gezeigt. Mein Becken wurde verschoben und wahrscheinlich hatte auch dies Auswirkung auf meine Radleistung.

Außerdem sind mir Hitzerennen in dieser Phase sehr schwergefallen. Ich denke, dass die Thermoregulation während der PMS beeinträchtigt ist. Generell hatte ich das Gefühl, dass meine Körpertemperatur in dieser Phase erhöht ist oder mir das Schwitzen und Kühlen schwerer fällt, als sonst. Man sollte beachten, dass man auf jeden Fall seine Trinkmenge vor und während des Wettkampfes erhöht und sich mit Hilfe von kalten Duschen mehrmals am Tag versucht, runter zu kühlen.

Im Allgemeinen denke ich, dass man durchaus gute Leistung während der PMS bringen kann, aber es fühlt sich an diesen Tagen definitiv härter an. Und man sollte seine individuellen Beschwerden kennen und immer wieder testen, was einem ein bisschen hilft, die „Nebenwirkungen“ zu lindern. Und noch etwas Wichtiges, das ich erst sehr spät gelernt habe und es mag sehr überraschend klingen,  aber am Tag der Periode ist hormonell alles wieder gut und auch wenn es für einen Triathlon, insbesondere einer Langdistanz äußerst ungünstig ist, die Leistungsfähigkeit ist dann hormonell betrachtet wieder sehr gut.

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Mehrere Tampons in Szene gesetzt

Die Pille – Fluch oder Segen für Sportlerinnen?

Im August 1960 kam die erste Pille als Verhütungsmittel auf den Markt. Über die Jahrzehnte kam das Hormonpräparat mehr und mehr in die negativen Schlagzeilen. Zurecht? Fakt ist, bis heute sind die Auswirkungen einen langen Pillen-Einnahme noch wenig erforscht und jede Frau verträgt die Pille anders wie auch Apothekerin und Triathletin Julia Wydra berichtet.

Beim Thema Pille ist es mit pauschalen Aussagen sehr schwierig: denn, Pille ist nicht gleich Pille. Soll heißen, es gibt verschiedene Arten und jeder Körper reagiert anders auf die Einnahme.

Welche Arten der Pillen gibt es und wie wirken sie?

Die meisten Frauen nehmen Kombinationspräparate ein, sogenannte Kombinationspillen, die in unterschiedlichen Dosierungen die künstlich hergestellten Sexualhormone Östrogene und Gestagene – sie ähneln in ihrer Wirkung dem körpereigenem Hormon Progesteron –enthalten.

Dadurch werden die Entwicklung des Eies und der Eisprung verhindert. Außerdem wird der Zervixschleim zäh, sodass keine Spermien in die Gebärmutter gelangen. Es findet kein natürlicher Zyklus mehr statt! Die Gestagene werden nochmals je nach Wirkung in androgene und antiandrogene unterschieden. Als androgene bezeichnet man synthetische oder natürliche Hormone, die die Entwicklung der männlichen Geschlechtsmerkmale steuern. Antiandrogene sind hingegen Stoffe, welche die Effekte der männlichen Geschlechtshormone, der Androgene, aufheben. Die sogenannte Mikropille bezeichnet eine niedrig dosierte Unterform der Kombinationspille, bei der der Östrogenanteil nicht mehr als 0,05 mg beträgt. Bei den Kombinationspillen unterscheidet man zwischen Ein-, Zwei-, Drei- und Vierphasenpräparaten, wobei man durch die phasenweise Veränderung der Hormonmenge – daher muss auch eine korrekte Reihenfolge bei der Einnahme beachtet werden – eine Annäherung an den natürlichen Zyklus erreichen möchte. Daneben gibt es die östrogenfreie Minipille. Dies sind niedrig dosierte reine Gestagenpräparate, die die Konsistenz des Gebärmutterschleims verändern und eine genaue Einnahme erfordern. Neuere Minipillen mit modernen Gestagenen verhindern zusätzlich den Eisprung. Da die Mini-Pille ohne Östrogen auskommt, eignet sie sich für Frauen, die dieses Hormon nicht vertragen oder aus gesundheitlichen Gründen, wie zum Beispiel bei Wechselwirkung mit anderen Medikamenten, bestimmten Krebserkrankungen oder Therapien etc. Präparate mit Östrogenen nicht einnehmen dürfen.

Einsatzzwecke der Pille
Die Pille eignet sich allerdings nicht nur zur Empfängnisverhütung, sondern auch z.B. zur Behandlung von gutartigen Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut (Endometriose), Eierstockzysten, starken Regelbeschwerden, Akne oder durch starke Regelblutung bedingte Blutarmut. Die Einnahme der Pille hemmt sowohl den Aufbau der  Gebärmutterschleimhaut als auch den Aufbau der Schleimhaut der Endometrioseherde. Somit soll mithilfe der zusätzlichen Hormone verhindert werden, dass diese Schleimhaut am Zyklusende nicht zusätzlich abgeblutet werden muss. Es soll also die Aktivität der Endometrioseherde lahmgelegt werden.

Die Pille hat also je nach Zusammensetzung sowohl Vor- als auch Nachteile. Im Vordergrund steht dabei die mit der regelmäßigen Einnahme verbundene Freiheit in Bezug auf den Empfängnisschutz.

„Positive“ Nebenwirkungen:
– die Pille kann je nach Zusammensetzung für ein verbessertes Hautbild sorgen,
– sie kann einen positiven Einfluss auf Migräneattacken, PMS, blutungsbedingte Blutarmut haben und zu Linderung von Menstruationsbeschwerden (z.B. Unterbauchkrämpfe) führen,
– schwächere und kürzere Blutungen zu Folge haben,
– eine gute „Zykluskontrolle“,
– sie bietet bei korrekter Anwendung eine hohe Verhütungssicherheit (Pearl Index) bei

Weitere Nebenwirkungen:
– die Pille schützt nicht vor sexuell übertragbaren Infektionen
– die Pilleneinnahme verhindert einen natürlicher Zyklus
– es können Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Zwischenblutungen, Wassereinlagerungen, Gewichtszunahme, ein verändertes Libidoverhalten, Spannungsgefühl in den Brüsten, Scheidentrockenheit, Pilzinfektionen, Hautunreinheiten, Haarausfall, Stimmungsschwankungen bis hin zu Depressionen auftreten
– Auswirkungen auf Herz-Kreislaufsystem: Unter hormonellen Kontrazeptiva ist sowohl das Risiko für venöse als auch für arterielle Thrombosen und Thromboembolien erhöht: dies verursacht zum Beispiel Herzinfarkte und ischämische Schlaganfälle im arteriellen System. Im venösen System sind am häufigsten die Beinvenen betroffen, was zu Lungenembolien führen kann.
– Veränderung des Geruchsempfinden und eigenem Körpergeruch (wichtig für die Partnerwahl)
– Durch Östrogen können sich Blutdruck und Blutgerinnung verändern (Thromboserisiko steigt)
– Verringerte Glucoetoleranz bei Diabetikern möglich. Heißt, es kann unter hormoneller Kontrazeption zu einem höheren Blutzuckerspiegel kommen
– Der Östrogenanteil hat einen antiandrogenen Effekt (androgene = männliche Hormone), es erhöht die sog. SHBG-Eiweiße (= Sexualhormon bindendes Globulin). So werden Androgene an diese Eiweiße gebunden und sind somit wirkungslos.
– Neben SHGB wird durch Östrogen auch vermehrt TBG (=Thyroxin- bindendes Globulin), ein spezielles Eiweiß zur Bindung der freien Schilddrüsenhormone gebildet, was die Schilddrüsenfunktion verändern kann
– Verändertes Krebsrisiko
– Vermehrter Bedarf an Folsäure, B-Vitaminen, Vitamin C, Zink und Magnesium
– Wechselwirkungen mit Arzneimitteln und Vorerkrankungen möglich

Die Einnahme der Pille, um den Zyklus zu verschieben

Gerne und vor allem im Sport wird die Pille dazu verwendet, um den „Zyklus“ zu verändern, da die monatliche Blutung von Sportlerinnen oft als sehr lästig empfunden wird und viele Athletinnen gerne drauf verzichten möchten. Durch die Dauereinnahme entfällt die hormonfreie Zeit und die Abbruchblutung sowie mögliche dadurch bedingte Beschwerden bleiben aus. Warum die Natur überhaupt die Menstruation erfunden hat, ist derzeit noch nicht geklärt. Da variieren die Theorien zwischen Schutz vor pathogenen Spermien, zu hoher Energieaufwand die Gebärmutterschleimhaut dauerhaft für eine Einnistung bereit zu halten, bis hin zur Abstoßung genetisch defekter Eizellen. Die Natur lässt in der Regel keine „unnötigen“ Mechanismen zu, vor allem dann nicht, wenn sie Aufwand und Energie kosten, wie die Menstruation, so dass einige Experten es daher sehr kritisch sehen, die Menstruation durch die Pille dauerhaft zu unterdrücken, zumal die Dauereinnahme auch in das komplex regulierte Hormonsystem des weiblichen Körpers eingreift. Dies könnte neben den bekannten Nebenwirkungen psychosoziale Auswirkungen haben oder Stoffwechselprozesse beeinflussen. Daher sollte jede Frau reflektieren, ob bzw. welche Vorteile ihr die Pille im Vergleich zu Alternativen liefert und für sich entscheiden, welche Vor- und Nachteile man in Kauf nehmen möchte.

Erfahrungen, die Susa Buckenlei in ihrer Profizeit mit der Pille gemacht hat

Ich muss zugeben, dass ich einmal in meiner ganzen Zeit als aktive Sportlerin selbst wegen eines Wettkampfs die Pille eingenommen und den Zyklus geschoben habe. Vorher war mein Zyklus absolut regelmäßig und stabil. Nach dem Schieben hat es einige Montaszyklen gebraucht, bis er wieder seine feste Laufzeit hatte. Dazu kam, dass ich während der ganzen Zeit der Pilleneinnahme – auch rund um den Wettkampf – mit anderen negativen Auswirkungen der Pille zu kämpfen hatte. Bei mir war das vor allem eine starke Wassereinlagerung im Körper, was gerade für mein Wohlbefinden eine Beeinträchtigung war. Auf Grund meiner allgemeinen Bedenken gegenüber der Pille wäre diese Methode für mich langfristig eh nie in Frage gekommen. Nach dieser Erfahrung habe ich tatsächlich bei Prio-Rennen versucht, abzusehen, ob mein Zyklus genau in diese Zeit fällt und mich ggf. auch gegen ein Rennen entschieden bzw. in Kauf genommen, dass die Bedingungen nicht 100 Prozent ideal waren.

Jede Frau, jede Athletin muss selbst entscheiden, was für sie in Frage kommt und was nicht. Der weibliche Zyklus ist ein monatliches Fakt, mit dem sich Athletinnen und Trainer arrangieren müssen. Es gibt neben sehr vielen wertvollen theoretischen Erkenntnissen auch die praktischen Erkenntnisse aus Training und Alltag.

Ich mag es daher gern mit meinem Wissen breit aufgestellt zu sein und Netzwerke aufzubauen, um möglichst viele Stimmen zu einem Thema sprechen zu lassen. Keiner weiß alles, aber jeder weiß etwas und in der Summe entstehen viele, individuelle Wege

Julia Wydra ist Apothekerin und Triathletin, die von Susa Buckenlei gecoacht wird. Julia hat Ihre Stärke im Sport mit Sub 10 Langdistanzrennen und der Teilnahme auf Hawaii schon mehrfach bewiesen, aber auch ihr Know-how rund um den Körper, ist unbezahlbar. Sie versteht die chemischen Zusammenhänge und kann die verschiedensten körperlichen Symptome schnell in ein klares Bild fassen. Daher konnte sie schon vielen Athleten hinsichtlich hormoneller Problemen und Mangelerscheinungen helfen.

Text: Julia Wydra
Foto: Photo by Josefin on Unsplash

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Was haben Faszien mit dem Mesntruationszyklus zu tun?

Es geht um myofasziale Asymmetrien, die auch Einfluss auf den Menstruationszyklus haben bzw. einen Beckenschiefstand verursachen können und beispielsweise mit einer viszeralen Therapie behandelt werden können. Klingt etwas kompliziert? Wir erklären euch das natürlich …

Die viszerale Therapie steht für das „Zusammenführen“ vom Bewegungsapparat mit dem Organsystem. Unsere Organe sind am Bewegungsapparat „befestigt“ und bekommen so ihren Halt und ihren Platz im Körper. Sie haben daher eine starke Verbindung zu Wirbelsäule, Becken, Rippen, Knochen, Muskeln und damit auch den Faszien.

Aus mehrerlei Gründen kann es zu Dysfunktionen der Organe kommen: Zum Beispiel durch Infektionen, Operationen, schlechte Ernährung, Fehlhaltungen oder emotionale Belastungen. Die Konsequenz daraus ist, dass die belasteten Organe Spannungen aufbauen und in der Folge auf den Bewegungsapparat übertragen. So können zum Beispiel die Faszien von Gebärmutter und Eierstöcken während der Menstruation einen Beckenschiefstand verursachen.

Was steckt genau dahinter?

Faszien umhüllen, formen, stützen und schützen den aktiven und passiven Bewegungsapparat. Das ist in Sportlerkreisen mittlerweile recht gut bekannt. Die Übungen, mit denen Faszien gedehnt, gerollt und dynamisiert werden, sind mittlerweile sehr beliebt und das zu Recht.

Der Begründer der Osteopathie, Andrew Taylor Still, prägte vor über 150 Jahren den Satz: „By fascia we live, and by fascia we die.“ Auf Deutsch: Wir leben durch die Faszie und wir sterben durch die Faszie.

Das ist ein wenig fatalistisch ausgedrückt, aber funktionell absolut richtig, denn alle Versorgungswege zu den Zellen der Organe, Muskeln, Knochen, usw. verlaufen einerseits zwischen und in den Faszien und andererseits muss jedes Blutgefäß mindestens einmal eine Faszie durchdringen, um zu den Zellen zu gelangen und diese mit Blut zu ver- und entsorgt. Auch die Lymphzirkulation wird so ermöglicht und damit eine intakte Immunregulation.

Auch alle Organe haben Faszien

Dieses Prinzip der Faszien, was auf den Bewegungsapparat hinreichend bekannt ist, funktioniert auch bei allen inneren Organen. Jedes Organ ist von einer Membran, einer Faszie umhüllt. Wie in eine Frischhaltefolie oder wie mit einer kleinen Tüte verpackt, liegen die Organe im Rumpf angeordnet. Dabei haben die „Organ-Tüten“ immer wieder Fixationspunkte und -linien, meist zur hinteren Rumpfwand.  Dennoch können sie gleiten und sind beweglich angeordnet. Auf diese Weise ist für Ordnung, Stabilität und Beweglichkeit gesorgt. Diese sogenannten viszeralen Gleitschichten stellen eine wichtige Voraussetzung für die einwandfreie Funktion der Organe dar.

Der Inhalt dirigiert die Hülle
Störungen des Bewegungsapparates durch das Organsystems

Interessant wird es, wenn die Außenseiten der „Organtüten“ vereinzelt nicht mehr oder nicht mehr gut gegeneinander gleiten können. Dann wird durch die Bewegung einer Organtüte die Nachbartüte mitgezogen, was in einem Zug an deren Aufhängung im Rumpf resultiert. Ein in der jeweiligen Höhe der Organaufhängung befindlicher Wirbel kann dadurch eine bevorzugte Bewegungsrichtung entwickeln.

Wenn nun eine dazu verstärkende Rumpfbewegung erfolgt, kann dieser Wirbel blockieren, und so Fehlhaltung oder Schmerz auslösen. Der Bewegungsapparat wird auf diese Weise sekundär beeinträchtigt.

Deshalb sagt man in der Osteopathie zu diesem Prinzip: „Der Inhalt dirigiert die Hülle“.

Verklebungen bzw. Anklebungen der Organfaszien nennt man medizinisch „peritoneale Adhäsionen“. Sie können z.B. als Operationsfolgen durch Narben oder abgeheilte Entzündungsprozesse entstehen. Auch bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten, wenn dem Darm dauerhaft Nahrung zugemutet wird, die er nur problematisch verarbeiten kann, können die Außenseiten der Darmfaszien mit den Faszien der Nachbarorgane verkleben. Weniger häufig handelt es sich um echte Verwachsungen, die auch aus sehr lange bestehenden Verklebungsprozessen resultieren können.

Bei Frauen können echte Verwachsungen als Folge einer Endometriose entstehen. Endometriose bedeutet, es entwickelt sich Gebärmutterschleimhaut außerhalb des Uterus, irgendwo im Bauchraum, meist zwischen den gerade beschriebenen peritonealen Gleitschichten.

Da diese Uterusschleimhaut ebenfalls auf Hormonschwankungen reagiert, können sich synchron zum Menstruationszyklus statische, funktionelle Beschwerden des Bewegungsapparates ergeben. Dabei werden, wie bei den Organgleitschichten beschrieben, die entstehenden Zugspannungen an den Bewegungsapparat weitergegeben.

Beckenverschiebung verursachen asymmetrische Belastung

Auf die Harnorgane und die Geschlechtsorgane bezogen, bedeutet dies, dass die entstehenden faszialen Zugspannungen an die Darmbeinschaufeln, das Kreuzbein, oder Steißbein bzw. den Beckenboden weiter- und abgeleitet werden.  Der Inhalt dirigiert die Hülle  – und schon verändert sich das Becken funktionell in Form einer Torsion mit einer bevorzugten Asymmetrierichtung und den dazugehörigen bekannten Folgen wie beispielsweise einseitigen Überbelastungen, Sehnenansatzreizungen am Becken oder der unteren Extremitäten.

Genau wie bei Endometriose-Verwachsungen können bereits viel filigranere Zugspannungen aus Anheftungen der Faszien der Harnorgane und der Geschlechtsorgane entstehen und so zu myofaszialen Asymmetrien des Beckens führen. Die Gleitschichten der Umhüllungen von Uterus, Eierstöcken, Blase oder Enddarm sind häufig in solche Beckenasymmetrien involviert.

Die hormonellen Veränderungen im Laufe des Menstruationszyklus wirken sich nicht nur auf Gebärmutter und Eierstöcke aus. Da es sich z. B. bei Progesteron um ein Gewebehormon handelt, das auch von anderen Körperzellen gebildet wird, führen die Veränderungen der beteiligten Hormonspiegel zu einer generell veränderten Gewebekonsistenz des ganzen Körpers. Gelenkknorpel werden weicher, verformbarer und können Überlastungsschäden entwickeln, durch Belastungen die sonst normalerweise verkraftet werden. Es können Sehnenansatzreizungen entstehen, durch  die gleichen Muskelzugkräfte, die in anderen Phasen des Hormonzyklus normal verarbeitet werden.

Mehr oder weniger elastisch

Faszien, Bänder, Sehnen, Muskel und Knochen weisen in bestimmten Phasen des Menstruationszyklus eine höhere Elastizität und geringere Stabilität auf. Dadurch können sich Veränderungen durch die oben beschriebenen Prozesse deutlich auf die Asymmetrie des Beckens auswirken, da die Stabilität und Resistenz auf sonst normale Belastungskräfte sich verändert.

Kurz vor und während der Regelblutung ist die Wand des gesamten Uterus angeschwollen und bringt so die dazugehörige Faszienumhüllung stärker unter Zugspannung und macht eventuell bereits bestehende Adhäsions-Asymmetrien deutlicher sichtbar. Ähnlich verhält es sich mit den Faszien der Eierstöcke, die in der Mitte des Zyklus stärker gespannt sind, weil sich die Ausdehnung der reifen Follikel bemerkbar machen kann.

Mechanische Beckenasymmetrien, die der Körper bis dahin gut kompensieren konnte werden verstärkt und machen plötzlich während der bestehenden Zyklusphase funktionelle Beschwerden an ISG, Symphyse – der winzigen, bandscheibenartigen Verbindung zwischen den beiden Beckenhälften – oder auch am Hüftgelenk selbst. An den Innenwänden des Beckens entspringen nämlich Muskeln deren Funktion die Rotation der Oberschenkelknochen im Hüftgelenk ist – z.B. der M. Piriformis – der u.a. das Piriformis-Syndrom mit Ischias-artigen Beschwerden im Gesäß und der Beinrückseite verursacht.

Auch alte Traumata im Beckenbereich können sich noch lange Zeit später auswirken, selbst wenn es damals keine großen Verletzungen oder Knochenbrüche gab. Ein zurückliegender Sturz auf das Becken kann durch die einseitige Krafteinwirkung zu einer asymmetrischen Verformung des Beckens und eine Veränderung der Elastizität der Bänder zwischen Kreuzbein und Darmbein führen. Gerade wenn keine knöcherne Fraktur stattgefunden hat, ist der verformende Aspekt und die dauerhafte Elastizitätsänderung für geschulte Hände spürbar.

Diese dann gewohnheitsmäßigen Asymmetrien führen ihrerseits auch zu bevorzugten Gleitrichtungen zwischen den Organfaszien. Bestehen diese lange Zeit, kann es ebenfalls zu Verklebungen im Bauchraum kommen, da die Gleitbewegung in die Gegenrichtung der Asymmetrie nicht mehr oder viel weniger benutzt wird.

Dies wäre dann ein Beispiel für die umgekehrte Situation – die Hülle wirkt sich auf den Inhalt aus.

Osteopathie kann die Verspannungen lösen

Eine osteopathische Behandlung kann die Elastizitätsunterschiede innerhalb der Gewebe ausgleichen. Verklebungen können gelöst und Torsionskräfte auf das Becken aufgehoben werden. Die normalen mechanischen Auswirkungen des Menstruationszyklus auf die Organfaszien können vom Körper wieder, wie ursprünglich vorgesehen, kompensiert werden und die funktionellen Beschwerden während der Menstruation können verschwinden.

Frank Lauer – Ostheopath und Physiotherapeut. Er betreut ganzheitlich und hat dabei einen Schwerpunkt auch auf die Säuglingsbetreuung gelegt. Seine eigenen Erfahrungen im Triathlon auf der Langdistanz ist ein großer Bonus die körperliche Belastung im Sport abzuschätzen und Problemen entgegen zu wirken. Weiter Infos

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