Svenja Mann – Projekt Norseman

Svenja Mann beim Radtraining

Svenja Mann ist Managerin, Mutter und erfolgreiche Triathletin. Ihr Ziel für 2021 heißt Gaustatoppen. Die 42-Jährig möchte den Norsemen finishen.

Wir werden die Karlsruherin auf ihrem Weg zum Xtreme-Triathlon in Norwegen begleiten und immer wieder spannende Themen mit und von Svenja vorstellen.
Im Teil eins der Online-Serie geht es darum, wer Svenja überhaupt ist. Weiter Infos über sie gibt es übrigens auch in der Dezember-Ausgabe, der nächsten tritime, die am 20. Dezember erscheint.

Eigentlich hätte Svenjas Projekt Norseman bereits 2020 stattfinden sollen. Sie ergatterte einen von vier ausgelobten Plätzen des Hauptsponsors des Norseman Xtreme Triathlon, nachdem sie bei einem Bewerbungsverfahren überzeugte. Covid-19 machte ihre Pläne zu Nichte und ihre sportlichen Ziele mussten – in der Hoffnung, dass es in 2021 wieder mehr Normalität gibt – verschoben werden.

Glücklich, Sport machen zu können

Dass Trainieren zu können keine Selbstverständlichkeit ist, musste Svenja 2019 schmerzlich am eigenen Leib erfahren. Nach einem Langstreckenflug brach sie beim Joggen zusammen. Die Diagnose: beidseitige Lungenembolie. Was das bedeutet und wie es damals um sie stand, werdet ihr in der Serie über sie auf jeden Fall auch erfahren.

Mit ihrem Norseman-Projekt möchte sie daher unter anderem mehr Sensibilität für die eigene Gesundheit schaffen und sammelt zudem für eine Fundraising-Kampagne der norwegischen Organisation „Aktiv mot kreft“, bei der es um Bewegung in der Krebstherapie geht, Geld.

Aufmacherfoto: Rake Hora

 

Interview mit Svenja Mann

Was bist du für ein Mensch?
Ich bin eher ruhig, zurückhaltend und etwas distanziert. Ich mag es, gut strukturiert und organisiert zu sein, dabei bin ich eher selbstkritisch. Ich bin ein Minimalist und grundsätzlich ein zufriedener Mensch.

Was sagen andere über dich?
Ich glaube, durch meine etwas distanzierte Art, wirke ich auf Menschen oft arrogant, was ich aber gar nicht bin. Durch den „harten“ Sport und das Training, das ich mache, denken viele: Die Svenja schafft alles. Das übt recht viel Druck auf mich aus und ich traue mich fast nicht, auch mal schwach zu sein.

Was sind deine Stärken? Was deine Schwächen?
Meine Stärken ist, dass ich nicht verbissen Sport mache. Wenn ich trainiere, gehört diese Zeit nur mir, das ist jedes Mal etwas Besonderes für mich.

Meine Schwäche ist vielleicht, dass ich nicht der absolute Wettkampftyp bin. Rennen und Zeiten sind mit nicht so wichtig, manchmal sage ich Wettkämpfe kurz vor dem Termin ab, weil mir Platzierungen nicht so wichtig sind und ich einen Wettkampf als „Stress“ empfinde, wenn der Organisations- und Zeitaufwand für die Familie und mich zu gross wird.

„Sport ist ein unverzichtbarer Teil meines Lebens, meine Energiequelle, daher finde ich automatisch Zeit dafür.

Was ist dein Beruf? Welche Fähigkeiten brauchst du in deinem Job?
Ich bin Abteilungsleiterin, Teil der Geschäftsführung und leite rund zehn Mitarbeitende. Was ich dafür brauche: Struktur, Organisation, Empathie im Umgang mit Menschen, Ausdauer, und die Fähigkeit, schnell Entscheidungen zu treffen und dafür die Verantwortung zu tragen.

Welche sportlichen Herausforderungen hast du schon gemeistert?
Ich war schon immer sportlich. Als Kind und Jugendliche habe ich Tischtennis leistungsorientiert gespielt. Während meines Studiums kam ich zum Laufen … es folgten Marathon-, Ultralauf- und Triathlonwettkämpfe.

Lauftraining mit der Familie ist für Svenja normal

Was waren deine größten Erfolge bislang?
Ich bin mehrere Marathons unter 3-Stunden gelaufen. Ich war zweimal Gesamtsiegerin beim Freiburg Marathon und einmal Gesamtsiegerin Schwarzwald Marathon. Ich war AK-Europameisterin beim Ironman Frankfurt und zweimal für Kona qualifiziert.

Gesundheit hat in deinem Leben einen extrem hohen Stellenwert, warum?
Nach meiner beidseitigen Lugenembolie lebe ich viel bewusster und bin nachdenklicher als vorher. Vermutlich bin ich auch ängstlicher, da ich selbst erleben musste, wie nah der Tod sein kann und dass dieser zum Leben dazugehört. Ich achte noch mehr auf die Signale meines Körpers und hoffe, durch mein Norseman-Projekt mehr Aufmerksamkeit für die eigene Gesundheit zu schaffen. Ich möchte andere Menschen dazu animieren, sich selbst mehr zu bewegen.

Hat man den Grund für deine Lungenembolie gefunden?
Nein, der Grund wurde nicht gefunden. Es kann wirklich jeden treffen, auch trainierte Sportler mit guten Werten. Ich war danach psychisch ziemlich angeschlagen, weil diese beidseitige Lungenembolie für mich aus heiterem Himmel kam. Ich bekam danach psychosomatisch Belastungsasthma, weil ich so verkrampft war. Um meinen Kopf wieder in den Griff zu bekommen, habe ich viele medizinische Untersuchungen gemacht – zum Beispiel ein Ultraschall vom Herz und einen Lungenfunktionstest. Diese Tests mache ich jetzt vorsorglich einmal jährlich. Das gibt mir Sicherheit und mittlerweile bin ich auch wieder fast so leistungsfähig wie davor. Lediglich, wenn ich weiß, dass ich lange am Stück sitze, nehme ich Blutverdünner ein. Mit meiner Yoga-Trainerin arbeite ich zudem verstärkt an meiner Atemtechnik, das gibt mir Sicherheit.

„Mit unserem Auto gehen wir regelmäßig zum Kundendienst, warum machen wir das nicht auch mit unserem Körper? Es gibt heutzutage so viele einfache Check-ups, mit denen Erkrankungen frühzeitig erkannt und vielleicht auch vermieden werden können.“

Wie sieht ein typischer Tag bei dir aus?
Ich steh um 6.30 Uhr auf. Mach eine bis eineinhalb Stunde Sport. Um 9 Uhr beginne ich mit der Arbeit. Gegen 14 Uhr beende ich meine erste Arbeitsschicht und fahr auf dem Heimweg im Schwimmbad vorbei. Danach bin ich ab 16 Uhr für meine Kids da und abends setze ich mich noch mal zwei bis drei Stunden an den Rechner. Ich bin Abteilungsleiterin und damit viel am Telefon. Meistens habe ich einmal die Woche, so viele Termine, dass ich keinen Sport machen kann. Auch bei mir ist nicht jeder Tag super. Sport ist immer meine Ich-Zeit, auf die ich mich immer freue. Ich brauch diesen Tagesrhythmus, diese Struktur. Nach 19 Uhr kann ich keinen Sport mehr machen, aber am Rechner sitzen, ist kein Problem.

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Regelmäßige Körperpflege ist wichtig

Foto: Jella Töbe

Wenn’s zwickt und zwackt ist manchmal guter Rat teuer. Nicht nur Training, sondern auch Entspannung ist wichtig. Das weiss fast jeder Sportler, aber sich die Zeit für ausreichend Ruhe und vorbeugende Maßnahmen zu nehmen, schaffen tatsächlich die wenigsten.

Svenja setzt seit Jahren unter anderem auf Akupunktur und auf die Behandlung sogenannte Ashi Punkte. Thomas ist der Therapeut ihres Vertrauens und beschäftigt sich schon lange mit alternativen Therapiemöglichkeiten.

„Der Gang zum Arzt war für mich oft frustrierend. Nun erlaube ich meinem Körper mehr Pflege und Ruhe, bevor es zu sehr zwickt und zwackt. Für mich ist die Akupunktur zu einem elementaren Baustein geworden. Sowohl als Athletin aus sportlicher Sicht, aber auch aus Sicht einer Mutter und Managerin, die am besten an drei Stellen gleichzeitig sein muss. An allen Ecken und Enden zieht man an mir … die Nadeln helfen mir immer wieder, auf Reset zu drücken und mich ganzheitlich zu entspannen.“

Svenja, seit wann und weshalb besuchst du die Praxis von Thomas?

Ich kenne Thomas seit mehr als 15 Jahren, damals kam ich wegen Rückenproblemen zu ihm. Lernte dadurch die regenerative Wirkung von Massagen kennen und bin dann auch zur Muskelpflege zu ihm gegangen. Mit zunehmenden Trainingsumfängen, den Vorbereitungen auf meine Hawaii-Teilnahmen schlichen sich vermehrt muskuläre Dysbalancen an der Wirbelsäule ein, die mir Thomas mit Hilfe von Akupunktur lösen konnte.

Thomas, wie setzt du Akupunktur bei Sportlern ein?

In erster Linie, um Dysbalancen an der Wirbelsäulenmuskulatur aufzulösen. Auch ist es mit Akupunktur möglich Verspannungen an Muskeln und Faszien an den Extremitäten zu behandeln. Ich arbeite mit dieser Therapietechnik seit Jahren im Rahmen von Forschungsprojekten auch in Kooperation mit einem Ärzteteam.

Wie können wir uns das vorstellen, pickst man einfach in den Muskel und dann ist die Verspannung weg?

Natürlich ist es nicht  ganz so einfach. Die Kunst besteht darin, den oder die wichtigen wirksamen Punkte zu finden. Man orientiert sich einerseits an den 365 beschriebenen Punkten der Traditionellen Chinesischen Medizin, aber auch an den sogenannten Ashi Punkte, das sind spezielle individuelle Schmerzpunkte, auf deren Behandlung ich mich spezialisiert habe.

Dabei muss man wissen, wie man sie findet und vor allem muss man sich dafür Zeit nehmen. Wenn man zum Beispiel den Punkt gefunden hat, ist es auch eine Kunst ihn zu akupunktieren. Es kommt auf die Länge, der Durchmesser der Nadel, die Stichtiefe und Stichrichtung, die Dauer, wie lange die Nadel im Gewebe bleiben soll, die Lage des Patienten und einiges mehr an.

Svenja, wie läuft so eine Behandlung für dich ab?

Eigentlich immer gleich, zuerst fragt Thomas mich wie es mir geht, ob und wo es zwickt, ich komme in den Behandlungsraum und muss mich mit dem Rücken zu ihm hinstellen. Dann tastet er das Bindegewebe neben meiner Wirbelsäule ab, er überprüft die Spannungen an bestimmten Stellen, dann muss ich mich mehrfach nach vorne unten beugen.

Thomas: Dabei überprüfe ich die Beweglichkeit der einzelnen Wirbelgelenke. Der von Svenja beschriebene Tastbefund als auch der Beugetest sind beides anerkannte und häufig angewendete Tests in der deutschen Physiotherapie. Meine Weiterentwicklung besteht darin, dass ich die Zeit aufbringe, die erkannten verspannten Stellen sanft zu behandeln, das kann bis zu 20 Minuten dauern. Danach wird die Testung wiederholt und es zeigt sich häufig ein anderes, aus meiner Sicht, verlässlicheres Bild. Sogenannte aktuelle Spannungen wurden manuell aufgelöst und es zeigen sich manifeste Verspannungen.

Er massiert und bearbeitet dann diese Stellen zuerst sanft dann immer kräftiger, bis ich das Gefühl habe, dass ein Punkt berührt wird, der wirklich im Zusammenhang steht mit meinem Problem und ich wie automatisch sage: „Ja, genau da.“

Thomas: Das ist das Konzept der Therapie an den Ashi Punkten aus der Traditionellen Chinesischen Medizin. Shi bedeutet Ja und A bedeutet „Ah“. Ashi heißt also „Ah ja“.

Foto: Jella Töbe

Thomas, wie behandelst du diesen Punkt?

Der Punkt kann mit Hilfe eines wohl dosierten Fingerdrucks über einen längeren Zeitraum oder dem Einstechen einer Akupunkturnadel behandelt werden. Bei beidem ist dabei sowohl die Tiefe als auch die Richtung und die Qualität entscheidend.

Svenja: In letzter Zeit hatte ich öfter Probleme mit beiden Fersen. Wir fanden heraus, dass ich eine Tendenz zum Beckenschiefstand entwickelt habe und deshalb minimal etwas ungleich gelaufen bin. Zudem entstand an den Fersen durch eine hohe Spannung der Wadenmuskulatur, verursacht durch die Trainingsintensität, eine Reizung. Beides war nicht direkt kausal bedingt, aber beeinflusst sich trotzdem gegenseitig, sodass beides einer Behandlung bedurfte.

Thomas: Hier kommen wir zur klassischen Massage, die ich auch diagnostisch einsetze. Svenja erhält aus Gründen der Regeneration, eine klassische Massage der Beine. Dabei kann man auch sehr gut tiefer gelegene Spannungen der Muskeln tasten. Diese Erkenntnisse helfen auch hier Ashi Punkte zu finden.

Svenja: Deshalb bekomme ich zuerst eine Entspannungsbehandlung mit klassischer Beinmassage, dann die zweite Testung und dann je nach Notwendigkeit die Akupunktur eines Punktes am Becken oder der Wirbelsäule, den Waden und den Achillesfersen. Das hilft mir, die Reizungen trotz hoher Belastung unter Kontrolle zu haben.

Thomas, ist die Behandlung der Ashi Punkte nicht ähnlich wie die sogenannte Triggerpunkttherapie – eine Behandlung von Schmerzpunkten, die gerade bei Sportlern häufig angewendet wird?

Thomas: Ich möchte hier nicht als Besserwisser auftreten. Wenn ich will, kann ich bei jedem Patienten an fast allen Stellen des Körpers durch Fingerdruck Schmerzen auslösen. Erst recht an den Stellen, die sowieso als schmerzhaft bezeichnet werden. Diese Stellen zu „triggern“, ist für meine Behandlungsstrategie eine zu starke Reizung. Ich selbst mag es nicht, Patienten so zu behandeln, dass sie vor Schmerz aufschreien. Der Ashi Punkt hingegen hat etwas Bejahendes, Bestätigendes, letztlich Lösendes. Der Triggerpunkt veranlasst eher zur Flucht. Aber um den Ashi Punkt zu finden, benötige ich wie gesagt Zeit.

Svenja: Diese Behandlungen alleine sind allerdings nicht ausreichend, denn ich habe weder Zeit noch das Geld öfter als zwei Mal pro Monat zur Behandlung zu gehen – außer in akuten Problemfällen. Für meine Muskel- und Psychohygiene setze ich auf regelmäßiges Entspannungstraining. Auch Yoga oder auch mal einfach die Seele bei einer Tasse Tee baumeln lassen sind für mich wichtig. Und unabhängig vom ganzen Sport und Beruf, natürlich die Zeit mit meinen Kindern und meiner Familie zu genießen.

Mehr zu Thema “Akupunktur” könnt ihr im nächsten tritime Magazin lesen, das am 12. Juni erscheint.

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Warum ich Yoga für mich entdeckt habe

Warum ich Yoga für mich entdeckt habe

Svenja ist nach Außen stets die starke Powerfrau, die alles kann und am Laufen hält. Dass auch sie nicht immer nur stark sein kann ist irgendwie logisch. In ihrem Beitrag erzählt sie, wie sie zum Yoga kam und was sie daran so sehr begeistert.

Routiniert schwinge ich meine Yogamatte auf den Rücken. Während ich zu meiner Privatstunde schlendere, muss ich schmunzeln und verliere mich etwas in Gedanken. Vor knapp einem Jahr war Yoga noch nicht in meinem Wortschatz. Wie bin ich eigentlich dazu gekommen, frage ich mich selbst? Eigentlich war es ein Zufall oder sogar glückliche Fügung.

Ich bin im Sommer umgezogen. In der Wohnung unter mir ist ein Yogastudio. Yoga war mir natürlich ein Begriff, dennoch hätte ich mich selbst nie getraut, in einem Fitnessstudio einen Kurs zu besuchen. Zum einen dachte ich: ich kann das gar nicht, zum anderen muss ich gestehen, dass ich „die Yogis“ immer etwas belächelt habe und dachte: für so etwas habe ich echt keine Zeit, da lege ich mich lieber aufs Sofa.

Meine neue Nachbarin und Yoga-Studioinhaberin hat mich auf eine Probestunde eingeladen. Von Nachbar zu Nachbar und zum gegenseitigen Beschnuppern. Ich habe natürlich zugestimmt, aber mehr aus der Not heraus, um meine neue Nachbarin kennenzulernen und einen positiven Einstieg zu haben.

Früher habe ich Yoga immer etwas belächelt

Ohne große Erwartungen bin ich daraufhin zu Rebecca in die Yogastunde gegangen. Meine Gedanken dabei: Ach, ich mach das jetzt mal kurz und gut ist. Aber es kam anders.  

Rebecca hat zunächst viel mit mir gesprochen, mich beobachtet, hier und da an mir gezogen, geschoben … mich quasi erst einmal „gerade gerückt“, so ihre Worte. Schon hier war ich verblüfft, was sie alles sah und spürte. Die Verblüffung ging noch weiter. Ich kam ins Schwitzen und an die Grenzen meiner Kraft. Das hätte ich niemals vermutet. Gleichzeitig war ich mental völlig gelöst und innerlich ruhig nach der Stunde.

So wirklich verstanden, was hier eigentlich passiert, habe ich nicht gleich, aber ich wusste sofort: das will ich noch mal machen.

Seitdem begebe ich mich einmal pro Woche in die Hände von Rebecca. Für mich ein Ort, an dem ich all meine Verantwortung und Verpflichtung abgeben kann und mich einfach führen lasse. Mal atmen wir, mal meditieren wir und manchmal ist es muskulär sehr intensiv. Rebecca findet situativ immer die richtigen Übungen.

„Ich halte ständig alles am Laufen. Beim Yoga gebe ich die Verantwortung an meine Lehrerin. Es tut gut, auch mal Schwäche zeigen zu dürfen.“

Früh habe ich gelernt zu funktionieren, habe diese Rolle angenommen und fülle diese fast in der Perfektion aus. Ich bin der unscheinbare Arbeiter im Maschinenraum, der alles am Laufen hält. Im Job, in der Familie  und im Sport bin ich dafür bekannt, dass ich alles hinbekomme, es mir gut geht und ich positiv bin. Beim Yoga genieße ich es, einfach mal nicht zu funktionieren und übergebe das „am Laufen halten“ an meine Lehrerin. Es tut sehr gut, schwach sein zu dürfen und zu merken, dass das völlig ok ist.

Yoga ist für mich meine kleine Insel der Achtsamkeit geworden.

Warum Yoga so vielseitig ist

Im Gespräch mit Svenjas Yoga-Lehrerin Rebecca Utz von muktimind:

Viele Leistungssportler wie Svenja machen mittlerweile Yoga. Wo siehst du den größten Nutzen für Sportler?

Vor 16 Jahren hat die Tatsache noch für Schmunzeln gesorgt, als der Yogalehrer Dr. Patrick Broome die deutsche Fußballmannschaft „trainieren“ sollte. Auch bei den Spielern wurde dies zunächst mit Skepsis betrachtet. Als sich dann die ersten positiven Effekte einstellten, gehörte Yoga schnell zum festen Trainingsprogramm.

Der Nutzen zeigt sich bei Leistungssportlern auf vielen Ebenen:

  • Körperlich steigern wir durch Yoga die Effizienz, indem wir Muskelgruppen, die durch den sonst betriebenen Sport eher vernachlässigt oder nur einseitig genutzt werden, anders ansprechen und trainieren. Damit lässt sich zum Beispiel mehr Geschwindigkeit aufbauen.
  • Zudem erhöht sich durch Yogaübungen die Mobilität und Flexibilität, womit auf Dauer körperliche Dysbalancen ausgeglichen werden können. Ohne Ausgleich belasten wir den Körper immer wieder einseitig, was zu chronischen Verspannungen oder sogar zu Verletzungen führen kann.
  • Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Thema Regeneration. Nur wenn wir in der Lage sind, uns schnell zu regenerieren, können wir schnell wieder Hochleistung bringen. Yoga hat einen riesigen Werkzeugkoffer, um regenerative Prozesse im Körper anzustoßen. Dies üben wir gezielt, um diese Fähigkeiten jederzeit bei Bedarf abrufen zu können.

Worin besteht für dich die Herausforderung, Svenja im Yoga zu unterrichten?

Svenja ist eine beeindruckende Frau, die in der Lage ist, außerordentlich viel zu leisten. Als Mutter von drei Kindern, Managerin und Sportlerin muss sie viel Energie in ihrem Alltag aufbringen, sich durchsetzen und sich immer wieder neuen Herausforderungen stellen. Dahinter steht ein starker innerer Antrieb, den es im Yogaunterricht zu kanalisieren gilt. Es liegt nahe, Svenjas Power ungezielt in überwiegend fordernden, sportlichen Übungen einzusetzen. Es macht zwar Spaß, so mit ihr zu arbeiten, da ihr Körper wunderbar alle Haltungen ausführen kann, die für andere zu anstrengend wären, doch dies würde Svenja auf Dauer nicht den Nutzen bringen, den sie durch Yoga erfahren kann. Ich arbeite daher bei Svenja vielmehr gezielt an Themen wie der Mobilisierung und Steigerung der Flexibilität von bestimmten Körperregionen. Weitere Punkte sind der Ausgleich von muskulären Asymmetrien, die Verbesserung des Atemvolumens, der koordinativen Fähigkeiten sowie am Aufbau mentaler Stärke. Entspannung und Ausgleich sowie Meditation dürfen dabei zudem nicht fehlen.

Kannst du uns das Thema Meditation etwas näherbringen?

Es wurde viel dazu geforscht und der Tenor ist eindeutig: Meditation ist toll. Studien belegen die positive Wirkung auf unser Gehirn, unser Muskel-, Nerven- und das Immunsystem. Sie zeigen, dass Meditation uns viel Energie gibt und Stress reduzieren kann. Ich empfehle daher sehr, dass sportler sich damit beschäftigen. Oft gibt es das Missverständnis, man müsse dasitzen und dürfte nichts denken. Im Gegenteil, es geht nicht um Verbote, sondern am Anfang zunächst darum, die Gedanken und Gefühle, die da sind, wahrzunehmen, um diese dann nach und nach loszulassen. Irgendwann wird die Meditation dann eine Art Ladestation im Alltag, ähnlich wie ein Powernap – nur im Sitzen.

Yoga und Leistungssport: geht das oder sind das konkurrierende Ziele?

Tatsächlich können auf rein körperlicher Ebene statische Dehnungen vor dem Lauftraining kontraproduktiv sein, wie Prof. Lars Donath von der Deutschen Sporthochschule Köln vor kurzem in einem Interview sagte. Unmittelbar nach dem Dehnen von mehr als 60 Sekunden pro Muskelgruppe werden die Leistungseinbußen sogar tendenziell größer. Daher würde ich vor dem Training keine Yin-Yoga-Stunde oder lang gehaltene Dehnungen durchführen. Grundsätzlich aber sind Yoga und Leistungssport zwei sich ergänzende Systeme, die sich wunderbar miteinander vereinbaren lassen. In trainingsintensiven Phasen kann Yoga sanft zum körperlichen Ausgleich beitragen. In weniger anstrengenden Phasen kann Power-Yoga auch eine erfreuliche Abwechslung zum normalen Training sein.

Denkst du Yoga kann Svenja auf ihrem Weg zum Norseman helfen?

Ich hoffe es doch sehr. Die vielen positiven Effekte, von denen ich schon erzählt habe, können sicher einen Beitrag zum Erfolg bei diesem Rennen leisten. Dazu kommen Faktoren wie die speziellen klimatischen Bedingungen, die beim Norseman relevant sein werden, wie das kalte Wasser beim Schwimmen. Zur Vorbereitung üben wir immer wieder die Wim-Hof-Atemtechnik, die ziemlich im Trend ist, aber eigentlich auf altem Yogawissen beruht. Es wird angenommen, dass diese Methode Einfluss auf das vegetative Nervensystem nimmt und den Körper gegen Kälte und Viren resistenter macht.

Was ist der Reiz für dich, Yoga zu unterrichten?

In meinem Beruf als systemische psychologische Beraterin und Yogalehrerin lerne ich jeden Tag dazu. Ich schätze es sehr, dass mich meine KlientInnen an ihrem Leben und ihren Erfahrungen teilhaben lassen und ich so die Möglichkeit habe, intensiv und sehr persönlich mit jedem Einzelnen zu arbeiten. Die Bedürfnisse und körperlichen wie mentalen Grundvoraussetzungen sind so individuell, dass ich stets vor neuen Fragen stehe, an denen ich gerne wachse und aus denen ich neues Wissen generieren kann. Ich genieße das sehr und habe eine große Freude daran, Yoga zu unterrichten und all das zu vermitteln, was aus meiner Perspektive für einen gesunden Geist und Körper wichtig ist.