Challenge Roth: Lauras erste Triathlon-Langdistanz

Laura bei der Challenge Roth

2017 fing alle mit einer Sprintdistanz für Laura Behnke an. Nach zwei Jahren intensiver Vorbereitung ging es nun für sie ins Triathlon-Mekka nach Roth zu ihrer ersten Triathlon- Langdistanz. Wie das war berichtet sie euch selbst?

Wenn der Wecker an einem Sonntagmorgen um 3:30 Uhr klingelt, kann das für eine Triathletin nur eines bedeuten: Es ist Raceday!

Und zwar nicht nur irgendein Renntag, sondern der Tag meiner ersten Triathlon-Langdistanz. 2019 hatte ich das große Glück, einen der heißbegehrten Startplätze für den Challenge Roth zu ergattern. Da das Rennen 2020 aufgrund der Pandemie nicht stattfinden konnte, hatte sich meine Vorbereitungszeit auf meine erste Triathlon-Langdistanz von einem auf zwei Jahre verdoppelt.

Nun war es endlich soweit und ich durfte zeigen, was in mir steckt, aber fangen wir von vorne an.

Am Samstagmorgen ging es für mich und meinen Freund früh los nach Roth, um meine Startunterlagen abzuholen. Das ganze ging super fix, war top organisiert und wir konnten schnell weiter zum Bike-Check-in. Auch hier gab es keine langen Wartezeiten.

Beim Bike-Check-in habe ich erste bekannte Gesichter getroffen und konnte in der Wechselzone eine fast großartige Stimmung wahrnehmen. Man konnte spüren, wie aufgeregt alle waren, sich aber gleichzeitig freuten.

Nach dem ich mein Bike in der Wechselzone gebracht hatte, ging es zum Treffen mit meiner Trainerin Heidi Sessner, die mich die letzten beiden Jahre begleitet hat. Es hieß, noch einmal letzte Tipps abholen und noch einmal austauschen. Zu diesem Zeitpunkt war ich die Ruhe selbst, null aufgeregt, sondern einfach nur voller Vorfreude auf den morgigen Tag.

Zurück in unserer Unterkunft gab es Nudeln mit Tomatensauce und ich traf die letzten Vorbereitungen. Alles war bereit und ab ging es ins Bett, auch wenn ich in dieser Nacht  eh kaum ein Auge zu bekommen sollte. Genau so war es dann auch. Der Wecker klingelte um 3:30 Uhr und ich stand sofort auf.

Mein Triathlon-Tag

Ich fühlte mich gut und machte mich fertig – Zöpfe machen, Startnummer-Tattoos auf die Arme, Kaffee und Brötchen mit Marmelade und Banane essen –  dann ging es auch schon zum Start an den Main-Donau-Kanal.

Ein kurze Verabschiedung von meinem Freund, noch ein letztes Mal die Worte hören: „Viel Spaß, gib alles, du packst das!“ und ich verschwand in der Wechselzone. Ich freute mich, endlich wieder diese Wettkampfstimmung zu spüren und den letzten Check am Bike vorzunehmen. Ich aß noch ein Brötchen mit Marmelade, zwänge mich in meinen Neo und ging zum Start. Das Wasser war mit 19 Grad angenehm – für mich nicht zu kalt und nicht zu warm. Meine letzten Schwimmeinheiten hatte ich bewusst im unbeheizten Freibad, bei nur 18 Grad und ohne Neoprenanzug absolviert. Der Körper war bestens vorbereitet und der Kopf ebenso. Es wurde runtergezählt und auf einmal ertönte der Pistolenknall. Los ging´´ s! Ich hatte mich mittig eingeordnet und mir vorgenommen, meine Gruppe nicht zu verlieren. Das klappte gut. Ab und zu gab es einen Tritt oder einen Ellenbogenhieb, aber ich konnte gut mithalten, habe mich nicht abdrängen lassen und hatte nach kurzer Zeit meinen Rhythmus gefunden. Blöd nur, dass irgendwann die erste Männergruppe von hinten kam. Wieder bekam ich ein paar Schläge und Tritte ab. Aber auch davon ließ ich mich nicht beirren und schwamm weiter mein Tempo. Auf einmal war da schon die erste Wendeboje. Huch, das ging schnell. Jetzt nur noch zurück zur zweiten Wende und dann habe ich es schon geschafft. Mein Ziel war es das Schwimmen in unter 1 Stunden 30 Minuten zu schaffen. Nach 1.27 Stunde kam ich aus dem Wasser und habe mich einfach nur gefreut, mich jetzt aufs Rad schwingen zu dürfen.

Schnell den Wechselbeutel schnappen und ins Wechselzelt. Dort war ich erstmal völlig überfordert. So viele Helfer, direkt kam eine Frau angelaufen und wollte mir aus dem Neoprenanzug helfen. Total ungewohnt für mich …  und ich habe dankend abgelehnt. Socken und Schuhe an und ab zum Rad.

Du musst das Rennen einfach zu deiner eigenen Party machen

Kaum war ich eingeklickt, war ich am Strahlen. Ich kam so gut und schnell weg, dass ich selbst überrascht war. Die Beine waren locker und ich begann zu kurbeln. Ich wollte die nächsten 170 Kilometer einfach Spaß haben. Um es mit den Worten meines Papas zu sagen: „Du musst das Rennen einfach zu deiner eigenen Party machen!“ Wird gemacht Papa! Nach den ersten Metern standen da schon meine Supporter. Meine Freundin Steffi und meine Trainerin Heidi schrien mich nur so um die Kurve und kurze Zeit später stand auch mein Freund an der Strecke. Alle waren hier, um mich zu unterstützen. Ich war so dankbar! Ich konnte ordentlich Druck aufs Pedal bringen und fing an, es zu genießen. Es waren so viele Zuschauer am Streckenrand. Ich fragte mich, was hier los ist, wenn es keine Corona-Maßnahmen gibt. Wahnsinn! Ich sammle eine Frau nach der anderen ein. Genau das war der Plan.

Jeder Berg war mein Freund und nicht mein Gegner. Ich konnte kraftvoll und ohne aus der Puste zu kommen, hochfahren. Ich konzentriere mich auf meine Verpflegung. Zugegebenermaßen war das der Punkt im Training, der mir immer am schwersten gefallen ist. Ich habe mich oft zu spät verpflegt oder einige Einheiten auch ganz ohne Nahrung absolviert. Aber auch das wurde die letzten Monate verstärkt geübt und ich hatte eine gute Strategie entwickelt. Alle 15 Minuten gab es einen Schluck aus der Gelflasche oder etwas Festes, wie z.B. ein trockenes Stück Brötchen. Diese Mischung funktioniert für mich am besten. Am Kalvarienberg erwartete mich der Höhepunkt der Strecke. So unfassbar viele Supporter – bekannte und unbekannte, Gesichter, die meinen Namen riefen. Am Berg hole ich wieder einige Teilnehmer ein und war dankbar für alle Höhenmeter, die ich im Training gesammelt habe. Dem Westerwald sei dank.

Laura auf dem Rad bei der Challenge Roth

Als ich meine Trainerin das zweites Mal traf, rief sie mir laut hinterher: „Nimm raus am Berg, nimm raus am Berg!“ Aber es geht doch so leicht, denke ich mir. Ich fühlte mich gut. Erinnerte mich aber selbst immer wieder daran, dass ich noch einen Marathon laufen musste!

Mein Leitsatz

Ich bin ein großer Andreas Niedrig Fan und musste immer wieder an die Verfilmung seines Buchs denken, an den Part als sein Trainer ihm während des Wettkampfs zurief: „Teil dir deine Kräfte ein!“ Das war mein Leitsatz. Nicht übertreiben. Ich brauche noch Reserven für den Marathon. Eine Amerikanerin fuhr an mir vorbei und rief:  „Yeah, go girl!“ Wir liefern uns eine Weile ein kleines Battle, holen uns immer wieder gegenseitig ein und pushen uns. Das macht Spaß. Es ist eher ein Miteinander, als ein Gegeneinander – genauso, wie es sein sollte! Girls support girls!

Auch die zweite Runde der Radstrecke ging vorbei wie im Flug und die Abstiegslinie kam früher als erwartet. Ich steige ab, bekomme mein Rad direkt von einem Helfer abgenommen und sage zu ihm: „Ich wäre auch noch für ein paar Kilometer mehr im Sattel geblieben.“ Er lacht, sagt mir ich würde auch noch frisch aussehen und ich mache mich auf den Weg in Wechselzone. Da stand auch schon die nächste Helferin und drückte mir meinen Beutel in die Hand. Im Zelt angekommen wechsle ich schnell die Schuhe, ziehe Kappe und Sonnenbrille auf und merke, dass ich auf Toilette muss. Okay, lieber jetzt ein kurzer Stopp als auf der Laufstrecke. Zu dieser Zeit wusste ich übrigens nicht wie schnell ich auf dem Rad war. Ich hatte Spaß, das war das Wichtigste.

Viel Kraft und Mut  …

Die ersten Kilometer in Laufschuhen fühlen sich gut an. Die Beine sind erstaunlich frisch und ich bin überrascht, wie gut ich mein Tempo finde und es auch halten kann. Auch an der Laufstrecke geben meine Supporter wieder alles. Heidi läuft neben mir, fragt mich wie es mir geht und erinnert mich daran, mich gut zu verpflegen. Ich sage ihr, wie gut ich mich fühle und, dass ich es selbst kaum glauben kann wie super alles läuft. Sie meint: „Das ist sie Belohnung für die harte Arbeit der letzten Monate. Das hast du dir so verdient!“ Erste Tränen rollen über mein Gesicht. Gott ist das emotional. Ich laufe weiter, auf einmal fährt ein Rad neben mich: „Hey, ich kenn dich von Instagram. Läuft ja richtig gut, oder?!“ Ich bin völlig baff und lache, ja bis jetzt ist alles super!

Bis Kilometer 16 war das so, dann meldete sich leider mein Magen. Ich musste Tempo rausnehmen. Das waren aber keine Magenkrämpfe von der Verpflegung, die fühlten sich anders an. Es war eher ein muskulärer Schmerz. Durch die Anspannung und Aufregung war wohl alles sehr verkrampft. Ich lief in einem etwas gemütlicheren Tempo weiter. Doch dann begann der Kampf zwischen Körper und Kopf. Ich war darauf gefasst, dass es hart werden würde. Besonders am Ende des Marathons stellte mich darauf ein, beißen zu müssen. Aber das Schlimmste für mich war, zu wissen, dass ich von der Ausdauer und den Beinen noch konnte, aber der Magen mir einen Strich durch die Rechnung machte. Das war frustrierend und hat mich fast schon ein bisschen wütend gemacht. Ich entschloss, an den Verpflegungsstellen immer wieder kurz zu gehen. So konnte ich mich weiterhin ordentlich verpflegen und meinem Magen immer mal wieder eine kurze Pause gönnen. Das funktionierte gut. Ich griff immer wieder zu ein paar Salzbrezeln und hatte das Gefühl, dass sie meinem Magen guttaten. Die Krämpfe wurden immer weniger und ich konnte wieder etwas Tempo aufnehmen. Bei Kilometer 25 hatte ich wieder einen kleinen Tiefpunkt. Der Magen zwickte wieder ein bisschen und langsam hatte ich einfach keine Lust mehr.

Da kamen mein Papa und Steffi genau richtig. Munterten mich auf und sagten mir immer wieder, wie gut ich in der Zeit liegen würde. Die Zeit war mir in diesem Moment egal. Ich wollte das Ding einfach nur noch ins Ziel bringen. Dann die große Überraschung: Meine beste Freundin kam auf die Strecke gelaufen und hielt mir ein Plakat mit der Aufschrift „Run Laura Run“ vor die Nase. Ich konnte es nicht fassen! Ich musste weinen, schreien vor Freude. „Du bist doch eigentlich in Österreich im Urlaub, was machst du denn hier???“, fragte ich sie ungläubig. Wir fielen uns in die Arme und ich weinte immer mehr. Sie lief ein paar Meter mit mir und das gab mir extrem viel Kraft und neuen Mut! Ich kämpfte mich weiter, Kilometer um Kilometer. Auch der letzte lange Anstieg, von dem ich schon viel gehört hatte, war nicht so schlimm, wie erwartet. Gut, dass ich im Training immer mal wieder kleine Trail-Läufe oder eher hügelige Strecken absolviert hatte. Als die Wende kam und ich wusste, jetzt geht es fast nur noch bergab, konnte ich sogar wieder ein bisschen lächeln. Ich muss sagen, bis zum letzten Meter wurde ich super unterstützt. Jeder kleine aufmunternde Spruch kam mir gelegen und ich bedankte mich zumindest mit einem Lächeln. Man konnte immer wieder spüren, wie sehr dieser Landkreis unseren Sport liebt. Roth ist wirklich das „Zuhause des Triathlons“! Irgendwann riefen die Leute an der Straße Sätze wie „Gleich geschafft!“ oder „Jetzt genießen, da vorne ist das Stadion!“

Laura im Stadion in Roth

Ein ganz besonderer Moment

Und ja, diesen Einlauf wollte ich wirklich genießen. Felix Walchshöfer stand am Stadioneingang, klatschte ab und freute sich mit jedem einzelnen Athleten, der einlief. Gänsehaut pur. Dann waren da noch meine Familie und meine Freunde, die im Stadion standen und meinen Namen riefen. Es ist absolut unbeschreiblich, was in diesem Moment in mir vorging. So viele Emotionen, so viel Freude, Erleichterung und auch ein bisschen Fassungslosigkeit, dass es jetzt wirklich geschafft und vorbei war.

Im Ziel hole ich schnell meinen Beutel und will nur noch zu meinen Supportern. Ich falle ihnen glücklich und weinend in die Arme und bin immer noch überfordert mit meinem Gefühlschaos. Und die Zeit? Was habe ich denn jetzt eigentlich für eine Zeit???
Tja, was soll ich sagen. Mein Ziel war es anzukommen, ich hatte mir vorgenommen das Ganze unter 14 Stunden zu schaffen, das war realistisch. Insgeheim habe ich auf eine Sub 13 gehofft. Und jetzt konnte ich meinen Augen kaum trauen, als ich das Ergebnis sah: 11:41:51! Waaaaaas?!?! Wahnsinn, das hatte ich mir selbst absolut nicht zugetraut. Auf was ich aber ganz besonders stolz bin, ist meine Radzeit. Mit 5:23 Stunde bin ich wirklich mehr als zufrieden und hab gezeigt, wo meine Stärke liegt

Nach dem Rennen kam gleich häufig die Frage: Und, machst du es wieder? Ganz ehrlich, schon im Ziel wusste ich, das war nicht das letzte Mal. Am nächsten Tag auf dem Heimweg handelten mein Freund und ich den nächsten Deal aus. 2022 wird ruhiger, ich konzentriere mich auf mein Fernstudium zur veganen Ernährungsberaterin und 2023 geht’s für mich definitiv wieder an den Start einer Langdistanz. Dann aber nicht allein, sondern im Doppelpack mit meiner Freundin Steffi, die mich dieses Jahr so toll unterstützt hat. Und natürlich wird uns dabei niemand anderes begleiten, als unsere liebe Trainerin Heidi Sessner.

Im Juli 2017 hat alles mit einer Sprintdistanz angefangen und ich habe immer gesagt,  Marathonläufer und Ironman Finisher sind verrückt. Ich bin dann jetzt wohl offiziell selbst verrückt! 🙂

Danke an alle, die an meinem großen Tag an mich gedacht haben. Die vor Ort oder über den Tracker und im Livestream mitgefiebert haben. Es war ein Fest und ich freue mich schon auf den nächsten Start. Mal schauen, ob das noch zu toppen ist!

Text: Laura Behnke
Fotos: privat

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