Viele von euch kennen Susa Buckenlei sicher als Triathloncoach. Als Profi-Triathletin hat sie unter anderem drei Mal den Norseman gewonnen. Nun hat sich die Fränkin nach längerer Wettkampfspause wieder eine ehrgeizige sportliche Herausforderung gesucht. Das Ziel heißt „The Arctic Triple“ (TAT) und ist eine dreiteilige Ausdauersport-Rennserie auf den Lofoten.
Susa, als dreimalige Norseman-Gewinnerin ist es die letzten zehn Jahren wettkampftechnisch eher ruhig um dich gewesen. Jetzt hast du offensichtlich noch mal Lust bekommen, eine grössere sportliche Challenge anzugehen. Was steckt genau hinter dieser Motivation und welches sportliche Event hast du dir rausgesucht?
Jahrelang hat es mich gar nicht gereizt, wieder eine Startnummer zu tragen, und ich muss auch eingestehen, dass die Pause vom Wettkampfsport insgesamt viel zu wenig Bewegung bedeutete. Hausbau, Kind und eine zweite Firmengründung haben Spuren hinterlassen. Irgendwann habe ich es vermisst, ein Ziel zu haben. Gereizt haben mich schon am Ende meiner aktiven Zeit vor allem Rennen, die es mir ermöglichen, besondere Orte auf der Welt zu besuchen und in der Natur unterwegs zu sein. Bis heute ist das meine größte Motivation. Vor zwei Jahren kam der Wunsch zu ersten Mal wieder auf, so ein besonderes Rennen zu machen. Ich hatte durch zwei meiner Athleten vom „Arctic Triple Triathlon“-Rennen gehört. Nach genauerem Studium der Webseite fand ich heraus, dass es sich hier nicht nur um einen Triathlon, sondern auch um ein Skitouren(Skimo)-Rennen und einen Ultralauf handelt. Die Lust war direkt da, aber Corona und sehr viel Arbeit machten es zunächst unmöglich und ich habe nicht weiter darüber nachgedacht. Trotzdem landete ich immer wieder auf der Webseite. Ich habe als Kind Skisport betrieben und bin ausgebildete Skilehrerin und daher im Winter viel auf zwei Brettern unterwegs. Somit ist der Reiz dieser drei Rennen für mich sehr groß und Norwegen ist eh mein Lieblingsland für einen Wettkampf.

Wo findet dieses Event, bestehend aus diesen drei Veranstaltungen, genau statt?
Das Arctic Triple-Rennen findet auf den Lofoten, einem Teil einer Inselgruppe in Nordland Norwegens statt. Die Lofoten liegen über dem nördlichen Polarkreis, sind aber dennoch auch von Deutschland gut zu erreichen. Ich war bereits als Kind dort im Urlaub und dieser besondere Ort steht auch schon lange auf unserer „Familien-Bucket-Reiseliste“.
Das TAT hat bei allen drei Rennen immer den gleichen Zielort, den Hafen und die Stadtmittelpunkt von Svolvær. Beim Triathlon (in der KW 33) ist dort auch der Start. Beim Skimo (in der KW 11) gilt es eine Punkt- zu-Punkt-Strecke zu absolvieren, die nördlicher von Svolvær beginnt. Beim Ultralauf (in der KW 22) startet man in Reine, dem südlichsten Teil der Inselgruppe. Jedes der Rennen kann man separat als Einzelstarter machen, es ist aber auch ein Triple in jeweils Bronze, Silber und Gold möglich. Sprich mit unterschiedlichen Streckenlängen. Voraussetzung für das Tripel ist, alle drei Rennen innerhalb von zwölf Monaten zu bestreiten. Egal in welcher Reihenfolge. Gold bedeutet die Langstrecke, Silber die Mittelstrecke und Bronze die Kurzstrecke. Ich habe mich für das Goldtriple entschieden, da meine Rennen immer schon eher nach einigen Stunden begannen, gut zu werden. Das bedeutet für mich folgende Strecken: eine Triathlon-Langdistanz mit 4 km Schwimmen, 196 km Radfahren, 45 km Laufen und mit insgesamt rund 4000 Höhenmetern. Der Skimo führt über rund 36 km und hat ebenfalls circa 4000 Höhenmetern, die über acht Gipfel verteilt sind. Beim Ultralauf gilt es 100 Meilen zu absolvieren, sprich 167 km, mit etwas mehr als 7000 Höhenmetern.
Was zeichnet die Lofoten aus? Wie sind die Bedingungen in dieser Region?
Die Lofoten sind bekannt für Ihre rauen, steilen aber nicht sehr hohen Berge, für kristallklares Wasser und für wunderschönen weiße Strände. Das Wasser ist kalt – am Triathlon-Renntag hatten wir knapp 12 Grad. Auf dem Fahrrad erwartet einen vor allem Wind und natürlich ist die Regenwahrscheinlichkeit am Meer im Norden immer hoch. Tatsächlich war es bei uns aber sonnig, trocken und wunderschön. Die Temperaturen liegen im August im tiefsten Fall bei circa 10 Grad und maximal bei rund 20 Grad. Für Hitzetypen sicher nicht das richtige Rennen, aber für Fans des Extrem-Ausdauersports perfekt.
Im August 2022 hast du bereits den Extrem-Triathlon dort bestritten – 4 km Schwimmen, 196 km Radfahren und 45 km Laufen. Wie hast du dich vorbereitet und wie lief das Rennen?
Ziemlich genau ein Jahr vor dem Triathlon-Rennen war mein Bedürfnis, mir ein Ziel zu setzen so groß, dass ich mich angemeldet habe, obwohl ich körperlich noch in katastrophaler Verfassung war. Im Grunde musste ich bei Null starten. Leider kam nach einer OP auch noch eine Lungenentzündung dazu und ich war bis Ende Dezember außer Gefecht. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt gewusst, dass im Frühjahr mit Problemen im Rücken und Nickelvergiftung noch mehr Hürden auf mich warteten, wäre ich sicher schon ins Zweifeln gekommen. Ein Virus – ich vermute Corona, aber nie positiv getestet – sieben Wochen vor dem Rennen, hat meiner semioptimalen Vorbereitung noch die Krone aufgesetzt. Kurzgesagt: die Vorbereitung lief holprig und ich weiß, dass ich nicht vorbereitet genug an den Start gegangen bin. Mir wurde zwar im Vorfeld oft Angst und Bange, aber gleichzeitig war die Vorfreude immer noch groß.
Ich sag vor jedem Rennen meinen Athleten: Es ist nur ein Tag Sport und das konnte ich mir selbst mit meinem Trainingszustand irgendwie vorstellen. Die Realität sah folgendermaßen aus: ungefähr zehn richtige Schwimmeinheiten im Pool, unter zehn Einheiten auf dem Triathlonrad und nur vier lange Läufe. Insgesamt so viele Trainingsstunden, dass ich zumindest eine Chance für ein erfolgreiches Finish des Rennens sah.
Der Renntag lief zum Glück ganz anders als die Vorbereitung. Ich hatte von Anfang an eine gute, sehr ruhige Stimmung in mir und das blieb den ganzen Tag so. Im Schwimmen gab es nur einen Schreckmoment, als mir Krämpfe in beide Beinen schossen. Das hätte mich früher sicher komplett aus dem Konzept gebracht, aber dieses Mal blieb ich ruhig. Die Krämpfe begleiteten mich zwar durch das ganze Rennen, aber der Gedanke, es könnte deswegen nicht bis ins Ziel reichen, kam nie auf. Das Radfahren war im Vergleich zum Training einfach perfekt. Gleichmäßig und ohne größere mentale oder körperliche Hänger. Arne Reuther, der spätere Sieger, war weit weg, aber Platz 2 der Männer am letzten Wendepunkt immer noch in Sichtweite. Der Vorsprung vor der zweiten Frau betrug fast eine Stunde. Ich bin also sehr glücklich vom Rad gestiegen, vor allem, weil sich das Laufen trotz der wenigen Kilometer, zu meiner liebsten Disziplin entwickelt hat. Leider kam dann doch das große Erwachen und natürlich auch die logische Erkenntnis: Training wird nicht überbewertet und wäre doch dringend nötig gewesen.
Selbst die 25 km im Flachen waren einfach nur eine Qual und ein einziger Versuch, die Krampfansätze nicht zum Krampf werden zu lassen. Aber immerhin konnte ich mein Motto „es wird nicht gegangen“ bis zur Bergsektion einhalten. Im Gelände lief es soweit ok für mich. Es ging darum, nichts zu riskieren und gut ins Ziel zu kommen. Die Cut-offs sind zurecht sehr hart beim The Arctic Triple, weil ein zu spätes Erreichen der Bergabschnitte, gefährlich werden kann. Vor allem bergab war meine Muskulatur komplette am Ende und ich musste einige Male auch auf dem Hosenboden rutschen, weil ein Steigen bergab nicht mehr möglich war. Trotzdem habe ich die Strecke extrem positiv in Erinnerung, da es landschaftlich wunderschön war. Mein Partner Tobi der die Sektion mitgelaufen ist, musste sich zwischendurch allerdings die Frage stellen, wie viele Jahre älter mich das Rennen gemacht hat 🙂. Als Coach mag ich es nicht, wenn man Training und Wettkampf unterschätzt. Allerdings wäre nur die Wahl geblieben, nicht an den Start zu gehen und das war komischerweise nie eine Option in meinem Kopf. Der Fischburger im Ziel war es allemal wert und den Tag mit meiner ganzen Familie, die mitgekommen war, zu erleben auch.

Derzeit steckst du mitten in den Vorbereitungen für dein zweites Rennen dort. Dieses Mal geht es um Skibergsteigen bzw. Ski Mountaineering (SkiMo). Welche Strecke muss genau bewältigt werden?
Der Skimo über die Langstrecke geht über rund 36 km und 4000 Höhenmeter. Dabei besteigt man acht Gipfel und am Ende finisht man wieder in Svolvær auf dem Markplatz am Hafen. Die Berge sind mit maximal 700 Meter nicht sehr hoch. Unterschätzen sollte man sie dennoch nicht. Einige Sektionen müssen mit den Steigeisen bestritten werden, da sie zu ausgesetzt sind. Es ist nichts dabei, was ich mir nicht zutraue, aber ich habe trotzdem sehr viel Respekt vor dem Rennen. Dieser Wettkampf und der Ultralauf werden sicher die größten Herausforderung in meiner bisherigen sportlichen Laufbahn.
Unter Triathleten ist das Skitourengehen eher weniger verbreitet, weil vielen der Bezug zum Skifahren fehlt. Welche Verbindung hast du zu dieser Sportart und wie erfahren muss man sein, um an diesem Rennen mitmachen zu können?
Ich stand mit drei Jahren zum ersten Mal auf Skiern und konnte mit vier bereits mit meinen Eltern schwere Abfahrten bestreiten. Es ist ein großer Vorteil, wenn man das Skifahren als Kind lernt, da die Angst vor steilem Gelände und Geschwindigkeit so nicht aufkommt. Da mein Heimatverein eine sehr gute Jugendarbeit macht, konnte ich irgendwann in den Verbandskader aufgenommen werden und so wie es im nordbayerischen Rahmen möglich ist, einige Jahre den Rennsport betreiben und ihn mit der Oberstufe als Skilehrer abschließen. Die Lizenz verlängere ich jedes Jahr und bin im Privaten auch noch viel alpin, auf der Loipe und eben auf Tourenski unterwegs.
Man sollte für dieses Rennen auf jeden Fall sehr sicher auf dem Skier stehen, da die Abfahrten natürlich nicht auf präparierten Pisten, sondern im Gelände stattfinden. Zusätzlich sollte man mit allen Schneeverhältnissen und mit jedem Gefälle zurechtkommen. Bergauf sollte man zudem den Umgang mit Fellen und steilen Abschnitten beherrschen, weil gerade im steilen Gelände die Sicherheit auf den Skiern die Voraussetzung sind, den Gipfel überhaupt zu erreichen. Beim Triathlon kann man sich innerhalb von Wettkämpfen langsam an die Strecken und Disziplinen rantasten, beim Skimo muss die Erfahrung und Technik im Vorfeld vorhanden sein, sonst riskiert man nicht nur ein DNF.
Wie bereitest du dich derzeit auf den Wettkampf vor? Was ist besonders wichtig, wenn man über mehrere Stunden im Schnee auf Skiern unterwegs ist?
Ich hatte schon in der Corona-Zeit, nachdem das Reisen wieder möglich war, oft meinen Arbeitsplatz in den Schnee verlegt. Meine Tochter ging lange nicht in den Kindergarten und so war es die Chance, sie schon sehr sicher auf die Skier zu stellen. Jetzt kann sie mit uns bereits nahezu alles fahren. Meist wechseln wir uns bzgl. Tourengehen ab – Tobi, mein Mann, wird das Rennen auch bestreitet – es war sein (ganz uneigennütziges :-)) Geburtstagsgeschenk. Den restlichen Tag fahren wir zusammen alpin. So können wir den Sport auch familienfreundlich gestalten.
Beim Skitourengehen ist Gleichmäßigkeit, Kraft und eine gute Verpflegung in meinen Augen das A und O. Geht man zu hart an, ist der Ofen irgendwann aus und man kann sich weder im Anstieg noch im Abstieg wirklich erholen. Man unterschätzt, dass gerade die Abfahrt nach dem Aufstieg sehr anstrengend ist, da durch den hohen Krafteinsatz und den Mix aus statischer und dynamische Belastung sehr viel Laktat anfällt. Und genau das, heißt es jetzt zu trainieren. Auch die Strukturen wie Sehnen und Bänder, vor allem rund ums Knie oder an der Hüfte müssen stabil sein, da hohe (Scher-)Kräfte wirken. Grundsätzlich merke ich, dass ich mit nun doch einigen Jahren mehr, noch besser auf meinen Körper achten muss. Ein Arzt hat mir mal gesagt: Leistungssport ist Körperpflege und das kann ich nur unterschreiben.
Vor was hast du am meisten Respekt?
Es ist ein Mix aus mehreren Dingen: Diese Rennen finden in absolut ursprünglicher Natur statt. Das ist der Grund, warum ich nach Norwegen reise. Allerdings habe ich vor Bergen immer großen Respekt. Berge und Schnee können eine sehr gefährliche Kombination bedeutet und hier gehe ich kein Risiko ein. Dem Organisationsteam ist die Sicherheit auf der Strecke extrem wichtig und sie passen, wenn nötig den Kurs den Schneeverhältnissen an. Das ist für mich entscheidend, zu wissen. Dazu kommt die Länge des Rennes. Das, was auf Bildern schön aussieht, das Abfahren im unberührten Schnee, wird nach vielen Kilometern und Höhenmetern teilweise schwer werden. Dazu lässt sich das Wetter nicht vorhersagen. Man muss mit allem rechnen: von Sonne und Sicht aufs Meer – bis hin zu Nebel und Schneesturm. Die Freude auf das Rennen ist dennoch unglaublich groß, denn es wird sicher ein Abenteuer und eine Erinnerung fürs Leben.
Danke Susa für das Interview und viel Erfolg für das Rennen Mitte März.
Fotos: Kristin Folsland Olsen
Interview: Meike Maurer